Friedensruf an den Seelower Höhen

Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde gedachte der Opfer des Faschismus

  • Anne-Katrein Becker
  • Lesedauer: 3 Min.
260 Menschen unternahmen am Sonnabend mit dem Arbeitskreis Kultur- und Bildungsreisen einen Ausflug zur Gedenkstätte Seelower Höhen. Dabei wurde über Terror, Krieg und Frieden diskutiert.

Zum traditionellen Herbsttreffen des Arbeitskreises Kultur- und Bildungsreisen der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) versammelten sich am Sonnabend mehr als 260 Mitglieder dieser Organisation sowie anderer Verbände an der geschichtsträchtigen Gedenkstätte in Seelow, um 70 Jahre nach dem Sieg der Sowjetarmee über Hitlerdeutschland mit Blumengebinden der Opfer zu gedenken, die für die Befreiung vom Faschismus ihr Leben gaben.

Hier im Oderbruch kämpften im April 1945 unter dem Kommando von Marschall Georgi Schukow rund eine Million Rotarmisten. In der größten Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden verloren mehr als 33 000 sowjetische und 12 500 deutsche Soldaten ihr Leben. Auch unzählige zivile Opfer forderte dieser Kampf um die Seelower Höhen.

Bereits 1945 schuf der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel das Bronzedenkmal für den Soldatenfriedhof, auf dem 2003 ein russisch-orthodoxes Kreuz geweiht wurde.

Der belorussische Botschaftsrat Aleksei Zhbanow erinnerte in Seelow an die »unzähligen zerstörten Leben, an die unerfüllten Träume, die nicht geborenen Kinder, nicht geschriebenen Bücher, nicht geschaffenen Kunstwerke, nicht gemachten Entdeckungen«. Man könne sich kaum vorstellen, um wie viel reicher und glücklicher die Menschheit sein könnte, wenn enorme menschliche und materielle Ressourcen nicht durch den Krieg vernichtet worden wären.

Die Toten des Krieges mahnen uns heute zur Besonnenheit und Wachsamkeit, zur Einigung im Kampf gegen Gewalt und Terror, gegen Neonazismus und Antisemitismus, gegen die religiöse und ethnische Intoleranz, für den Frieden und die gegenseitige Verständigung, betonte Zhbanow. Er erinnerte daran, dass der Arbeitskreis Kultur- und Bildungsreisen in diesem Jahr eine Fahrt nach Minsk organisiert hatte und sich die Mitreisenden selbst ein Bild machen konnten, wie sein Volk das im Krieg geschundene und zerstörte Land wiederaufgebaut habe und wie wichtig den Weißrussen die Bewahrung des Friedens heute sei.

Auch Generalleutnant a.D. Manfred Volland mahnte an dem historischen Ort, dass es endlich an der Zeit sei, Kriege ein für alle mal aus den Beziehungen der Völker zu verbannen. Er verwies darauf, dass sich die noch lebenden Generale der NVA im Mai 2015 angesichts der Ukrainekrise mit dem Aufruf »Soldaten für den Frieden« an die Öffentlichkeit gewandt haben, die wachsende Gefahr eines neuen Krieges in Europa abzuwenden und anstelle antirussischer Kriegshetze das friedliche Miteinander in den Vordergrund zu stellen. Die jüngsten Anschläge in Paris zeigten, wie notwendig der Kampf gegen Krieg und Terrorismus für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit auch bei uns sei, sagte Volland.

In dem klassizistisch anmutenden Kreiskulturhaus »Erich Weinert« in Seelow fand der Ausflug mit der Beratung wichtiger aktueller Probleme und der Vorstellung des Programms für das kommende Jahr seine Fortsetzung. Es standen dabei - wie könnte es in der heutigen Zeit anders sein - Fragen zu Krieg und Frieden und zu terroristischen Anschlägen im Mittelpunkt der Reden und der Diskussionen.

Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt, sagte der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrke (LINKE). In der Ukraine und an Europas Grenzen herrscht Krieg; die unzähligen Flüchtlinge sind ein Ergebnis dieser militärischen Auseinandersetzungen. Weltweit sind derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht, davon 80 Prozent aus Kriegsgebieten. Will man die Ursachen für dieses Elend bekämpfen, müssen Krieg und Terror beendet werden.

Politische Diskussionen, aber auch kulturelle Veranstaltungen charakterisieren das Wirken des Arbeitskreises. So konnten die Teilnehmer des Herbsttreffens zum Abschluss ein zauberhaftes musikalisches Programm erleben, das von russischen und deutschen Künstlern gestaltet wurde.

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