Die tröpfchenweise Schließung Guantanamos

Vereinigte Arabische Emirate nehmen fünf Guantanamo-Häftlinge auf / 107 Menschen sitzen noch im US-Gefangenenlager ein / OSZE: Gegen 102 von ihnen existiert nicht einmal Anklage

  • Lesedauer: 2 Min.
2009 verkündete US-Präsident Obama, das US-Gefangenenlager Guantanamo zu schließen - noch immer sitzen über 100 Menschen dort ein. Sie sind dort unmenschlichen Bedingungen und Verstößen gegen die Menschenrechte ausgesetzt.

Washington. Die USA überstellen fünf Insassen des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo in die Vereinigten Arabischen Emirate. Das teilte das US-Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Damit seien nun noch 107 Männer in Guantanamo inhaftiert.

Bei den Freizulassenden handelt es sich nach Angaben der »New York Times« um fünf jemenitische Staatsbürger, jeder von ihnen sei seit 14 Jahren als Kriegsgefangener inhaftiert gewesen – ohne dass Anklage gegen sie erhoben worden sei. Alle seien Ende 2001 im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet festgenommen worden. Vier von ihnen ständen bereits seit seit 2009 auf einer Liste, die den Transfer in aufnahmebereite Staaten ermöglichen sollte.

Der Amtsvorgänger von US-Präsident Barack Obama, George W. Bush, hatte das Gefängnis für Terrorverdächtige nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichtet. Obama hatte zu seinem Amtsantritt Anfang 2009 versprochen, Guantanamo innerhalb eines Jahres zu schließen, scheiterte damit bislang aber am Widerstand der Republikaner im US-Kongress.

Nach einem Bericht der OSZE verstoßen die USA bei der Behandlung ihrer Häftlinge im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba weiterhin gegen internationale Menschenrechtsstandards. »Niemand darf ohne Gerichtsverfahren unbefristet festgehalten werden«, heißt es in einer Mitteilung des Direktors der OSZE-Menschenrechtsabteilung ODIHR, Michael Georg Link.

ODIHR stellte am Dienstag vergangener Woche in Washington einen 280 Seiten umfassenden Bericht zur Menschenrechtssituation in Guantánamo vor. Die Organisation begrüßte Pläne der Administration von US-Präsident Barack Obama, das Lager zu schließen. Jedoch dürfe dies nicht dazu führen, dass die Gefangenen einfach an einen anderen Platz verlegt werden, ohne die Situation zu verbessern.

Gegen die übergroße Mehrheit der Gefangenen existiere keine Anklage. Gegen 53 seien sogar jegliche Vorwürfe fallengelassen worden, sagte Lucille Sengler, ODIHR-Expertin für das Gefangenenlager. Die OSZE erkannte an, dass die USA den Prozess der Entlassungen beschleunigt haben.

In dem Bericht wird unter anderem die Zwangsernährung Hungerstreikender angeprangert. »Diverse Quellen deuten darauf hin, dass der Prozess der Zwangsernährung den Hungerstreikenden unnötige Schmerzen und Leiden zufügt«, heißt es in dem Bericht. »Sollte sich dies als richtig herausstellen, wäre dies eine unmenschliche Behandlung, potenziell Folter.« stf/Agenturen

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