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»Paris ändert nicht alles«

Regierungsparteien lehnen eine Verknüpfung zwischen Terroranschlägen und Flüchtlingsdebatte ab

  • Lesedauer: 3 Min.
CDU und CSU wollen das Thema Flüchtlinge strikt von der Terrorbekämpfung trennen. Die CSU bringt aber erneut ihre Forderung nach einer Obergrenze auf den Tisch.

Berlin. Weite Teile der Politik lehnen eine Verknüpfung der Terroranschläge in Paris mit der Flüchtlingsdebatte ab. »Niemand sollte diese barbarischen Verbrechen instrumentalisieren, um jetzt hier bei uns Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen«, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Montag in Berlin. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte: »Die Flüchtlinge aus Syrien sind vor dem barbarischen Terror geflohen.« Zwar seien auch Kontrollen an den Grenzen und die Registrierung von Flüchtlingen notwendig; dies dürfe aber nichts an der freundlichen Aufnahme von Migranten ändern. Sogar in der CSU dominierten am Montag gemäßigte Töne. Es habe keinen Sinn, beide Fragen zu vermischen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Bei der Anschlagsserie am Freitagabend in der französischen Hauptstadt waren etwa 130 Menschen getötet und über 350 teilweise schwer verletzt worden.

Auch die Kirchen warnten vor einem Richtungswechsel in der Flüchtlingspolitik. »Paris ändert nicht alles«, widersprach der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). Die Flüchtlinge aus Syrien oder Irak seien genau vor diesen Schrecken geflohen.

Söder hatte nach den Anschlägen am Freitagabend getwittert, Paris ändere alles, und verlangt, die Zeit unkontrollierter Zuwanderung könne so nicht weitergehen. In der CSU-Vorstandssitzung am Montag wurde er nun zurückgepfiffen. Es sei gefährlich, beim Thema Flüchtlinge zu zündeln, hieß es. Auch CSU-Chef Horst Seehofer distanzierte sich von Söder und lehnte eine Vermengung der Themen ab.

Zugleich erhöht die CSU in der Flüchtlingspolitik den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich für eine europäische Kontingentierung von Flüchtlingen einsetzt. In einem Leitantrag für ihren Parteitag an diesem Wochenende verlangt die CSU eine einseitige deutsche Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen im nächsten Jahr. Ein entsprechendes Papier beschloss der Parteivorstand in München einstimmig. Die CSU nennt aber keine konkrete Zahl.

Offene Kritik an der Kanzlerin gibt es in dem Papier nicht, dies ist nach einer Order von Parteichef Seehofer derzeit auch nicht erwünscht. Seehofer gab nach Teilnehmerangaben in der Sitzung die Devise aus, Merkel mit der gebührenden Höflichkeit in München zu empfangen: »Wir sind anständige Gastgeber«, sagte Seehofer demnach.

Aus der SPD kommen ebenfalls Signale für europaweite Flüchtlingskontingente. Die SPD verfolge seit Wochen gemeinsam mit Merkel das Ziel, große Flüchtlingskontingente an die Stelle von »chaotischer Zuwanderung« zu setzen, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Falls die CSU nun Abstand nähme von Grenzschließungen in Europa, »wäre das eine gute Entwicklung in der CSU«. Agenturen/nd

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