Es kann um die Existenz gehen

Berufsunfähigkeitsversicherungen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Deutschlands Sicherheitsverkäufer sorgen sich um ihren Ruf. Oft geht es dabei um die schlechte Behandlung von Kunden, die einen Schaden bei ihrer Versicherung melden. »Ein Versicherer verleiht Schirme, wenn die Sonne scheint, und will sie sofort zurückhaben, wenn es zu regnen beginnt«, hat schon Mark Twain beklagt.

Zwar hat der amerikanische Schriftsteller im Original wohl Banker gemeint. Aber es scheint auch heute noch etwas dran zu sein an Twains Kritik. »Wer eine Versicherung abschließt, vertraut auf Hilfe in der Not. Doch im Ernstfall tun die Konzerne mitunter alles, um nicht zahlen zu müssen. Die Kunden können sich kaum wehren«, kritisierte kürzlich das Magazin »Der Spiegel« unter dem Titel »Versichert und verraten«. Doch die Branche der Sicherheitsverkäufer sieht sich zu Unrecht am Pranger.

Wann die Versicherung blockt

Im Alltag ist das Bild differenzierter. Beispiel: Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Beantragte Leistungen werden am häufigsten deshalb nicht ausgezahlt, weil der Kunde nicht (mehr) reagiert oder den ursprünglichen Antrag nicht weiterverfolgt hat. Der Anteil dieser selbstverschuldeten Fälle liegt bei über einem Drittel. Dies zeigen Daten der konzernunabhängigen Unternehmensberatung Morgen & Morgen.

Der zweithäufigste Grund für die Ablehnung einer beantragten Leistung ist die Nichterreichung des erforderlichen »BU-Grads« von 50 Prozent: Die Versicherung springt nicht bei jedem Handicap ein, sondern erst ab einem bestimmten Grad der beruflichen Einschränkung. Dagegen führt nicht einmal in jedem zehnten Fall die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch den Kunden oder ein angeblicher Betrugsfall zur Ablehnung durch das Versicherungsunternehmen.

Kaum ins Gewicht fallen mittlerweile Ausschluss- oder Verweisungsklauseln. Das war früher anders. Fiese Tricks der Versicherer galten lange als Hauptgrund für ausbleibende Zahlungen.

Im Ergebnis spricht die Erhebung von Morgan & Morgan dafür, dass nicht allein die Versicherer korrekter handeln, sondern auch die Kunden heute besser Bescheid wissen als früher. Dennoch hat schätzungsweise lediglich ein Viertel der deutschen Haushalte entsprechende Vorsorge getroffen. Das Risiko, berufsunfähig zu werden, wird von vielen Menschen offensichtlich unterschätzt: Tatsächlich scheidet aber jeder vierte Beschäftigte bereits vor dem Erreichen seines normalen Rentenalters aus dem Berufsleben aus!

Wenn der Ernstfall eintritt

Wer durch ein Unglück berufsunfähig wird, sollte von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht allzu viel erwarten. Und selbst eine zusätzliche private Unfallversicherung deckt in der Regel nicht das Existenzrisiko vollständig ab. Besonders dringlich ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Zeitgenossen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren wurden. Dieser großen Gruppe strich einst die rot-grüne Bundesregierung den bis dahin gültigen gesetzlichen Berufsunfähigkeitsschutz.

Diese Lücke kann eine zusätzliche private Berufsunfähigkeitsversicherung schließen helfen. Sie zahlt im Fall der Fälle zusätzlich zu Sozialrenten oder anderen Versorgungsbezügen eine monatliche Rente. Voraussetzung ist, dass der Versicherte durch Krankheit oder Unfall in dem vertraglich festgelegten Umfang berufsunfähig wird (in der Regel ab 50 Prozent) - er also seinen Beruf voraussichtlich »auf Dauer« nicht mehr ausüben kann.

Preis und Leistung

Bei der Wahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollte zunächst die Qualität des Angebots im Vordergrund stehen, denn die Policen bieten höchst unterschiedlichen Schutz. Auch der Preis für den Versicherungsschutz weicht erheblich voneinander ab. Für einen Dreißigjährigen kann ein Jahresbeitrag von wenigen hundert oder weit über tausend Euro fällig werden, je nach Versicherungsgesellschaft. Einige Berufsgruppen müssen sogar dermaßen hohe Beiträge zahlen, dass sich ein Schutzpaket für sie eigentlich nicht lohnt oder für den Verbraucher unbezahlbar ist.

Die höchste Hürde - neben dem hohen Preis - bildet die Gesundheitsprüfung. Das heißt, der Versicherer stellt Fragen zu Vorerkrankungen und gesundheitlichen Problemen. Die Folge kann sein, dass der Versicherer den Kunden ablehnt und den gewünschten Schutz verwehrt, weil ihm das Risiko einer Berufsunfähigkeit zu hoch erscheint.

Viele zusätzliche Tipps finden Sie im Merkblatt »Berufsunfähigkeitsversicherung«, das der Bund der Versicherten herausgegeben hat. Es kann kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden (www.bundderversicherten.de). Das 16-seitige Merkblatt kann auch per Post oder Telefon bestellt werden und wird dann ebenfalls kostenlos zugesandt (Bund der Versicherten e.V., Postfach 11 53, 24547 Henstedt-Ulzburg, Telefon (04193) 94 222).

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