Bericht: Zahl der aus der Türkei einreisenden Flüchtlinge sinkt

Vor dem EU-Gipfel: Türkei hindert immer mehr Geflüchtete an Weiterreise / Pro Asyl: EU-Pläne »hebeln Menschenrechte aus« / Dietmar Bartsch (LINKE): EU-Ländern notfalls Mittel kürzen

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Türkei folgt offenbar dem Willen der EU-Staaten nach und macht die Grenzen dicht. Es kommen immer weniger Menschen in die EU - sie werden mit Methoden daran gehindert, die Amnesty als »unmenschlich« bezeichnet.

Berlin. Die Zahl der Flüchtlinge, die über die Türkei in die Europäische Union (EU) einreisen, ist seit Anfang Dezember offenbar gesunken. Wie die »Bild«-Zeitung unter Berufung auf interne Zahlen der EU-Kommission berichtet, kamen seit Monatsbeginn 52.234 Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland, im Schnitt 3.731 pro Tag. Seit Anfang dieser Woche seien es weniger als 2.000. Im September und Oktober waren es laut »Bild« dem EU-Kommissions-Papier zufolge noch 6.970 Zuwanderer pro Tag.

Die türkische Grenz- und Küstenwache hat nach eigenen Angaben vom 1. bis 15. Dezember 4.632 Flüchtlinge am Verlassen des Landes gehindert, wie die Zeitung weiter berichtet. Seit Jahresbeginn seien es 85.842 gewesen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtete, dass hunderte Flüchtlinge in der Türkei festgenommen und in Haftzentren im Süden und Osten des Landes gebracht worden sind. Dort stünden sie vor einer »unmenschlichen Wahl«: Entweder sie bleiben in Haft oder sie kehren in ihre Heimatländer Syrien und Irak zurück, wo ihnen Verfolgung, Folter und Tod drohen, so Wiebke Judith, Asylexpertin bei Amnesty in Deutschland.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wolle die Zahlen am Donnerstag bei einem Treffen von Regierungschefs der von der Flüchtlingsbewgungen besonders betroffenen EU-Staaten mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in Brüssel präsentieren.

Beim anschließenden EU-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs über die Verstärkung des Grenzschutzes und die Verteilung von Flüchtlingen in Europa beraten. Die Pläne der EU-Kommission zum Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex zielten in die Richtung, Menschenrechte auszuhebeln, erklärte die Hilfsorganisation in Frankfurt am Main. Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt nannte es inakzeptabel, Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen zurückzuweisen oder in Staaten wie etwa Afghanistan oder den Iran abzuschieben.

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch hat gefordert, europäischen Staaten, die sich nicht an einer gerechten Verteilung von Flüchtlingen beteiligen, notfalls die EU-Gelder zu streichen. »Wir dürfen nicht akzeptieren, dass es Länder in Europa gibt, die einfach mal sagen, wir nehmen keine Muslime. Das ist inakzeptabel«, sagte Bartsch am Donnerstag im ARD-»Morgenmagazin« mit Blick auf Polen und andere osteuropäische Staaten. Damit schloss er sich unter anderem dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann an, der in der Zeitung »Die Welt« Ähnliches forderte. Agenturen/nd

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