Flüchtlingsrat warnt vor Chaos nach Feiertagen

Auch über Weihnachten werden Flüchtlinge in Berlin ankommen. Sie sollen zunächst in Notunterkünfte

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.
Über die Feiertage werden in Berlin ankommende Flüchtlinge nicht registriert. Initiativen rechnen deswegen mit erneutem Stress nach Weihnachten.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wünscht sich zum Weihnachtsfest eine solidarische Stadt und dankte allen Menschen, die sich in den vergangenen Monaten professionell, aber auch ehrenamtlich um Flüchtlinge gekümmert haben. Innensenator Frank Henkel (CDU) wiederholte zeitgleich den Wunsch, »wir müssen die Zahl der Flüchtlinge reduzieren.« Anders als der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der erklärt habe, dass Berlin noch mehr Flüchtlinge aufnehmen könne, sehe er das »sehr viel skeptischer«, sagte Henkel dem »Tagesspiegel«.

Während die Meinungen der Verantwortlichen im Senat also weiter auseinander driften, warnt der Flüchtlingsrat Berlin vor »Chaos« über die Weihnachtsfeiertage. Sorge bereite die Unterbringung und medizinische Versorgung während der Feiertage. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) hat einen Notfallplan, ein erneutes Systemversagen spätestens Anfang Januar scheine aber vorprogrammiert, so der Flüchtlingsrat am Mittwoch.

Während der Schließtage gibt es laut Sozialsenatssprecher Sascha Langenbach nur eine Notbesetzung . Vom 24. bis 27. Dezember werde nicht registriert und Geld ausbezahlt. Aber neu ankommende Flüchtlinge sollen untergebracht werden.

Der Flüchtlingsrat zählt dagegen die seiner Ansicht nach anfallenden Aufgaben auf. Neu ankommende Flüchtlinge und registrierte Asylsuchende müssten immer wieder vorsprechen, um ihr Asylgesuch registrieren zu lassen, und Unterkunft sowie soziale und medizinische Versorgung zu erhalten. Dabei geht es um Zuweisungen und Kostenübernahmen für eine Sammelunterkunft, die Ausgabe von Krankenbehandlungsscheinen, die Auszahlung existenzsichernder Leistungen, einen Platz im Bus zur Asylregistrierstelle Bundesallee oder zur Notunterkunft für eine Nacht, und bestenfalls auch um einen Termin zur förmlichen Asylantragstellung beim Asylbundesamt BAMF in Spandau.

Vorsprachen seien laut Flüchtlingsrat auch nötig, um als »besonders Schutzbedürftige« bzw. »Härtefall« eine passende Unterkunft und gegebenenfalls eine »besondere Unterstützung wegen Krankheit, Schwangerschaft, Behinderung, sexueller Orientierung usw.« zu erhalten. Problematisch ist dabei, dass die Geflüchteten für die Bearbeitung ihres Anliegens immer wieder auf neue Termine vertröstet werden, und teils sogar täglich vorgeladen werden. Bis zu zwanzig Vorsprachen sind nötig, um schlussendlich einen förmlichen Asylantrag stellen zu können.

Hinzu kommen die Menschen, die über die Feiertage und zwischen den Jahren unregistriert in Notunterkünften untergebracht waren. Es zeichnet sich ab, dass sich zahlreiche Flüchtlinge zu Jahresbeginn am LAGeSo einfinden und erneut ein großes Chaos zu erwarten ist.

Der Hangar 7 auf dem stillgelegten Flugplatz Tempelhof ist mittlerweile bezugsbereit, soll aber zunächst nicht als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. »500 Plätze sind dort hergerichtet«, sagte Sascha Langenbach am Mittwoch. Wegen der schwierigen sanitären Verhältnisse vor Ort solle so lang wie möglich darauf verzichtet und andere Immobilien genutzt werden. So seien heute bereits 330 Flüchtlinge in ein weiteres Haus in der früheren Stasi-Zentrale in der Ruschestraße eingezogen. Mit dpa

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