Chefberater
Das erste, was aus der Kooperation der Beraterfirma McKinsey und dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bekannt wurde, waren bunte Armbändchen. Seit einigen Monaten arbeitet Berlin mit McKinsey zusammen, um die Verwaltungsabläufe zu verbessern und die Hunderten täglich ankommenden Flüchtlinge besser betreuen zu können. Zu wenig Personal, veraltete Prozesse und ungeklärte Verantwortlichkeiten waren und sind Teil des Chaos im Landesamt. Mit Sebastian Muschter tritt nun ein Experte an, der mit den Problemen der Behörde bereits vertraut ist. Er habe gesehen, dass die Strukturen mit diesem Arbeitsanfall nicht zurechtkommen, hatte Muschter vergangene Woche bei seiner Vorstellung im Berliner Abgeordnetenhaus erklärt. Ab diesem Montag übernimmt er die kommissarische Leitung des LAGeSo.
Muschter hat in Siegen und in der Schweiz Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik studiert, vier Jahre in den USA gelebt und ist seit elf Jahren bei McKinsey. Sein Fachgebiet ist es, Verwaltungsprozesse im Öffentlichen Dienst zu verbessern. Er hat auch Frank-Jürgen Weise, den Leiter der Bundesagentur für Arbeit und jetzigen Chef des Bundesamtes für Flüchtlinge, beraten.
Muschter steht vor einer Mammutaufgabe. Die Einarbeitungsphase für den neuen Job hat er bereits absolviert, eine Schonfrist wird es kaum geben. Bereits seit September 2015 arbeitet ein Team von McKinsey-Mitarbeitern mit dem LAGeSo und Sozialsenator Mario Czaja (CDU) zusammen. Nach dem entlassenen Franz Allert und dem kurzzeitig eingesetzten »Leiter zentrale Dienste«, Michael Thiel, soll Muschter die Behörde, die mehr als 1000 Mitarbeiter hat, auf Vordermann bringen. Titel wie »Flüchtlingsmanager« und »Chefberater« hat er schon verliehen bekommen. Nun muss er zeigen, dass er keine bloße Zwischenlösung ist. Muschter wird Prozesse »optimieren« und vor allem um mehr Personal streiten müssen. Er muss mehr abliefern als bunte Armbändchen, er muss das LAGeSo umkrempeln - innerhalb von acht Monaten.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.