Russland macht sauber für Rio

Dopingskandal: Neuer Präsident des russischen Leichtathletikverbandes / IAAF will alle Konten durchleuchten

  • Thomas Körbel, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Russland bleibt wenig Zeit. Ende März wird die Entscheidung darüber erwartet, ob russische Leichtathleten nach dem Dopingskandal im August bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro starten dürfen.

Nun soll ein früherer Rugbytrainer des Militärs die russische Leichtathletik aus ihrer schwersten Krise führen. Gut ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro setzt Moskau auf den angesehenen Sportfunktionär Dmitri Schljachtin, um das vom Dopingskandal ruinierte Image wieder aufzubauen. Der Leichtathletikverband (WFLA) wählte den bisherigen Sportminister des Wolgagebietes Samara in Moskau zum neuen Präsidenten.

Wegen gravierender Dopingverstöße und eines gigantischen Betrugssystems war Russland am 13. November vom Council des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF suspendiert worden. Damit verbunden ist auch eine Sperre für russische Athleten bei internationalen Meisterschaften wie den Olympischen Spielen im August in Rio. Auslöser waren Berichte der Weltanti-Dopingagentur WADA.

»Die IAAF erwartet von uns radikale Entscheidungen, und die müssen wir heute treffen und nicht morgen«, sagte Schljachtin der Fachzeitung »Sport-Express« nach seiner Wahl. »Ich werde versuchen, die Forderungen der IAAF maximal zu erfüllen. Wenn es nötig ist, werden wir Sportler und Trainer einberufen und befragen. Wir müssen zeigen, dass wir alles Mögliche getan haben.«

Ob es am Ende reichen wird? Schljachtin sieht die Chance bei 50 zu 50, dass die IAAF seinen Verband wieder aufnimmt und den Russen damit die Olympiateilnahme ermöglicht. Für Ende März erwartet Moskau mit Spannung die Entscheidung des Weltverbandes - das wäre nach der Hallen-WM in Portland (USA).

»In so einem kritischen Moment müssen wir enorme Anstrengungen aufbringen, um die russische Leichtathletik in die internationale Familie zurückzuführen«, betonte Sportminister Witali Mutko. Er lobte Schljachtin als erfahrenen Funktionär und sagte dem 49-Jährigen seine Unterstützung zu.

Schljachtin bleibt zunächst bis Herbst im Amt. Dann soll erneut eine Verbandsführung gewählt werden. Um sein Image aufzupolieren, hat der WFLA nach eigener Darstellung den gesamten Stab ausgetauscht. Niemand in der Führungsriege solle mit früheren Dopingfällen in Verbindung gebracht werden, hieß es bei der Sondersitzung.

Auch aktive Sportler wie die Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa wurden nicht berücksichtigt. Sie sollten sich auf das Training für die Sommerspiele konzentrieren, so der Verband. Die meisten russischen Athleten hätten mit Doping nichts zu tun, beteuerte Minister Mutko. Dies seien »gewissenhafte Sportler«.

Die Zeitung »Rossijskaja Gaseta« gibt die Schuld an den Dopingvorgängen Russland selbst. In den vergangenen Jahren seien 57 russische Sportler wegen Dopings disqualifiziert worden. Derzeit stünden rund 60 weitere unter Verdacht. »Wir müssen der Welt zeigen, dass allein die Teilnahme an den Olympischen Spielen unter der russischen Flagge für uns das Wichtigste ist«, schrieb das Regierungsblatt.

Unterdessen lässt der Leichtathletik-Weltverband IAAF nach den Korruptionsvorwürfen im WADA-Bericht alle seine Konten durchleuchten. Dabei will man vor allem Aufschluss über möglicherweise suspekte Sponsoring- oder Marketingverträge erhalten, so IAAF-Präsident Sebastian Coe. Als Chef der Untersuchungen setzte Coe seinen Vertrauten Paul Deighton ein. Beide hatten im Organisationskomitee der Olympischen Spiele 2012 in London eng zusammengearbeitet. Im WADA-Report zu Korruption und Dopingvertuschung in der IAAF war auch von suspekten Vorgängen bei der Vergabe von WM und TV-Rechten die Rede.dpa/nd

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