Schießbefehl statt Schengen?

Ingolf Bossenz über die Grenzen in Europa und die Krise des Supranationalen

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.
Wird jetzt Schabowskis Zettel rückwärts gelesen, gilt demnächst auf dem Kontinent statt Schengen der Schießbefehl, muss man bald wochenlang auf ein Visum für Frankreich warten? Gemach ...

Europa in Angst! Der absonderliche Alarmismus, in den sogenannte Leitmedien dieser Tage verfallen, verwundert angesichts einer Entwicklung, die seit Monaten ab- und vorhersehbar war. So umrahmt die »Süddeutsche Zeitung« ihr Diktum, dass in Europa »die Angst vor Grenzschließungen« wächst, mit bedrohlichem Bombast wie »Sorge vor fallenden Schlagbäumen«, »Ende der innereuropäischen Freiheiten«, »Angstausbrüche«, steigender »Angstpegel«.

Wird jetzt Schabowskis Zettel rückwärts gelesen, gilt demnächst auf dem Kontinent statt Schengen der Schießbefehl, muss man bald wochenlang auf ein Visum für Frankreich warten? Gemach: Es geht nicht um Schließung, Abschottung, Abriegelung oder wie die verstörenden Vokabeln sonst heißen. Es geht zunächst einmal um Kontrollen. Dass sich Staaten angesichts einer europaweit außer Kontrolle geratenen Immigration auf Restmengen ihrer Souveränität besinnen, ist alles andere als verwunderlich. Und die Sicherung der Grenzen ist nun einmal der Grundpfeiler staatlicher Souveränität.

Während die von Medien projizierte Angst vor allem in Kreisen der Wirtschaft und des Kapitals ausgemacht wird, dürfte sie sich innerhalb der europäischen Bevölkerung in, nun ja, Grenzen halten. Das Versagen eines supranationalen Konstrukts in einer existenziellen Krise erzwingt den Rückgriff auf das Nationale. Damit umzugehen, das ist die politische Herausforderung.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.