BSW bei Bundestagswahl: Im Zweifel für Neuauszählung

Wolfgang Hübner über die Wahlprüfungsbeschwerde des BSW

Am besten noch mal zählen, bitte. Nur um sicherzugehen.
Am besten noch mal zählen, bitte. Nur um sicherzugehen.

Es war zu erwarten und ist keine gute Nachricht: Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags will einer Beschlussvorlage zufolge die Forderung des BSW ablehnen, die Stimmen der Bundestagswahl erneut auszählen zu lassen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht war im Februar dieses Jahres historisch knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert; laut einem bereits korrigierten Ergebnis fehlten nur gut 9000 Stimmen am Einzug der neuen Partei ins Parlament. Diese fehlenden Stimmen ließen sich bei einer Überprüfung finden, meint das BSW mit Hinweis auf schon entdeckte und weitere vermutete Auszählungspannen.

Der Wagenknecht-Partei ist es gelungen, ihre Forderung nach Überprüfung der Wahl zu einem massiven Medienthema zu machen. Egal, wie man zum BSW steht: Es darf nun nicht den geringsten Zweifel an der Legitimität der Bundestagswahl und der daraus hervorgegangenen politischen Mehrheit geben. Selbst wenn eine BSW-Fraktion die Mehrheitsverhältnisse nicht verändern würde, wäre eine Klarstellung nötig, denn Zweifel sind bei einem so knappen Scheitern wie dem des BSW nicht sehr weit hergeholt.

Da aber in einem Bundestag mit BSW die jetzige schwarz-rote Regierung keine Mehrheit mehr hätte, ist es umso angebrachter, jede Unsicherheit auszuräumen. Zumal der aktuelle Bundestag selbst per Abstimmung über eine Neuauszählung entscheidet und der Verdacht nicht ausgeschlossen werden kann, dass eigennützige Motive im Spiel sind. Denn zöge das BSW nachträglich noch ein, müssten alle Parteien Mandate abgeben.

Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat das BSW die fünf Prozent wirklich nicht geschafft – dann würde das durch eine Überprüfung abschließend und unzweifelhaft bestätigt. Oder es hatte doch genügend Stimmen – dann muss die Zusammensetzung des Bundestags schleunigst korrigiert werden. Dafür sollte der Aufwand einer Neuauszählung nicht zu hoch sein.

Was jetzt schon feststeht: Es ist kein akzeptabler Zustand, dass sich die Entscheidung über die BSW-Wahlbeschwerde so lange hinzieht. Das BSW wird nach der Ablehnung im Bundestag, die mehr als neun Monate nach der Wahl fallen wird, das Bundesverfassungsgericht anrufen, und auch dieses Verfahren kann lange dauern. Die Regeln für Wahlbeschwerden müssen dringend reformiert, das Verfahren muss beschleunigt und in neutrale Hände gelegt werden. Geschieht das nicht und wird die Wahl vom Februar nicht überprüft, dann werden die ohnehin grassierenden Vorbehalte gegenüber der Demokratie erneut befeuert. Und das kann kein Demokrat wollen.

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