Rassistische Attacke auf Flüchtlingsunterkunft in Gütersloh

Täter begründen Angriff mit angeblichen Vergewaltigungsfall einer 13-Jährigen / Syrer in Berliner S-Bahn fremdenfeindlich bedrängt / Kellerbrand in Wohnhaus mit Flüchtlingen in Samtens / Vier Übergiffe auf Unterkünfte in Sachsen in den letzten Tagen

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Im Keller eines Mehrfamilienhauses in Samtens (Mecklenburg-Vorpommern), in dem auch Flüchtlinge wohnen, ist am Montag ein Brand ausgebrochen. Nach ersten Erkenntnissen erlitten mehrere Bewohner eine Rauchvergiftung, wie eine Polizeisprecherin in Neubrandenburg sagte. Nach Angaben des zuständigen Amtes Westrügen in Samtens kamen zwei Erwachsene und vier Kinder zur Beobachtung in ein Krankenhaus.

Die Kriminalpolizei ermittelt wegen Verdachts der Brandstiftung. Bisher gebe es keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund, hieß es. Die Beamten sperrten den Brandort im Keller ab. Das Feuer im Keller habe schnell gelöscht werden können, sagte die Polizeisprecherin. Die Brandursache war zunächst unklar.

Eine Anwohnerin hatte den Qualm bemerkt und die Feuerwehr gerufen. Das Haus ist ein Plattenbau mit fünf Geschossen. In dem betroffenen Treppenhaus gibt es zehn Wohnungen.

Betroffene Mieter kamen zeitweise bei Nachbarn unter, sie konnten inzwischen wieder in ihre Wohnungen zurück, sagte eine Sprecherin im Amt. Handwerker arbeiteten daran, dass der Strom wieder angestellt werden könne. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

Die erfundene Vergewaltigung einer 13-Jährigen in Berlin sorgt auch Tage nach ihrer Aufklärung offenbar weiterhin für Aufregung. Zwei Männer in Gütersloh nahmen die Geschichte als Rechtfertigung für eine Attacke auf eine Asylunterkunft. Wie die Polizei am Montag mitteilte, attackierten die beiden Personen am Freitagabend das Flüchtlingsheim. Als ein Bewohner auf die Tat aufmerksam wurde, schleuderten die mutmaßlichen Täter eine Bierflasch auf den Flüchtling, wobei eine Fensterscheibe zerstört wurde. Zudem schlugen die beiden Männer mit Stangen auf mehrere Fahrräder ein, die vor der Unterkunft abgestellt waren. Aufgrund einer genauen Beschreibung, konnten die mutmaßlichen Täter gestellt werden. Als Motiv für den Übergriff gaben die zwei Männer besagte angebliche Vergewaltigung an.

Ebenfalls ein falsches Gerücht war am Sonntag im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf Grundlage eines rassistischen Übergiffs in der S-Bahn. Zwei alkoholisierte Männer nötigten einen Syrer zu einer angeblichen Ausweiskontrolle. Die beiden Männern wollten damit überprüfen, ob das Gerücht stimme, Flüchtlinge dürften ohne Fahrausweis den öffentlichen Berliner Nahverkehr nutzen. Als der Geflüchtete sich weigerte, seinen Fahrausweis zu zeigen, bedrängten die beiden Täter den Mann und hinderten ihm am Aussteigen. Zwei weitere Fahrgäste beobachteten den Vorfall und informierten das Bahnpersonal, das anschließend die Polizei rief.

Nach vier Angriffen auf Asylunterkünfte in Sachsen ermittelt der Staatsschutz. Er geht von einem rassistischen Hintergrund aus. »In drei Fällen wird wegen Sachbeschädigung ermittelt, in einem Fall wurde Anzeige wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion aufgenommen«, teilte das Operative Abwehrzentrum (OAZ) am Montag mit. Am Freitag und Sonnabend kam es in Chemnitz, Grimma und in zwei Leipziger Stadtteilen zu Attacken auf Flüchtlingsheime. Dabei haben Unbekannte mit Steinen auf die Gebäude geworfen beziehungsweise einen Sprengsatz oder Kraftstoff anzünden wollen. Das OAZ sucht nach Zeugen der Vorfälle, die teils erst am Montag bekanntgemacht wurden.

Nach dem Handgranaten-Anschlag auf ein Flüchtlingsheim in Villingen-Schwenningen hat die Polizei noch keine weiterführenden Erkenntnisse. Trotz der bundesweiten Berichterstattung seien aus der Bevölkerung bislang noch keine Hinweise zu möglichen Hintergründen der Tat oder zu potenziellen Verdächtigen gekommen, teilte das Polizeipräsidium Tuttlingen am Sonntag mit. Die Sonderkommission »Container« habe auch Spezialisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg und des Bundeskriminalamtes hinzugezogen.

Bei der Suche mit Metall-Detektoren auf dem Gelände des Flüchtlingsheims seien keine »relevanten Gegenstände« gefunden worden. Es sei fraglich, inwieweit geklärt werden könne, ob an der Handgranate ein Zünder vorhanden gewesen sei. Die Ermittlungen würden weiter in allen Richtungen geführt, insbesondere ob ein fremdenfeindlicher Hintergrund für den Anschlag vorliege oder ob er möglicherweise dem Sicherheits-Personal gegolten habe.

Am frühen Freitagmorgen hatten Unbekannte eine Handgranate, die nicht explodierte, über einen Zaun auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft geworfen. Entschärfer des Landeskriminalamtes sprengten die Handgranate, die vor Containern für das Wachpersonal gefunden wurde. Agenturen/nd

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