Eine Ahnung von einem Geschenk

Sachsen-Anhalt stellt den Beamten wieder Weihnachtsgeld in Aussicht - nach der Wahl

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
CDU und SPD in Sachsen-Anhalt legen eine Kehrtwende hin und stellen den Beamten Weihnachtsgeld in Aussicht. Wirklich entschieden wird aber erst nach der Landtagswahl.

Das Geschenk liegt auf dem Tisch; es darf aber erst ferner Zukunft ausgepackt werden, und ob unter dem bunten Papier wirklich der versprochene Inhalt zum Vorschein kommt, ist ungewiss. Ginge es um die weihnachtliche Bescherung, würde solches Verhalten von Eltern wohl als seelische Grausamkeit eingestuft. Die Koalition von CDU und SPD in Sachsen-Anhalt aber hofft, mit dieser Strategie die Beamten im Land milde zu stimmen. Ihnen wird die Wiedereinführung eines Weihnachtsgeldes in Aussicht gestellt. Beschlossen werden soll es aber erst nach der Landtagswahl am 13. März. In Rede steht ein Betrag ab 500 Euro. Bei 30 000 Beamten würde das 15 Millionen Euro im Jahr kosten.

Dem Beschluss, den der Landtag in seiner letzten Sitzungswoche fasste, ging eine bemerkenswerte Wende um 180 Grad voraus. Noch im November hatte die Koalition einen Antrag der LINKEN abgelehnt, die Mittel für eine so genannte »Sonderzahlung« im Nachtragshaushalt für 2015 und 2016 einzustellen. Mitte Januar allerdings beschloss die CDU-Fraktion auf einer Klausur einen Vorstoß, um eine »verfassungsgemäße Alimentierung« der Beamten zu gewährleisten. Fraktionschef André Schröder verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November zu einem Fall in Sachsen, wo das Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld 2011 gestrichen worden war. Die Einkommensverluste hätten bewirkt, dass der Freistaat der »Alimentationspflicht« für die Bediensteten nicht mehr gerecht werde, urteilten die Richter in Karlsruhe.

Auch in Sachsen-Anhalt gibt es für die Beamten seit zehn Jahren keine Sonderzahlung mehr - anders als für die Angestellten im Land und im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern und dem Bund. Gezahlt wurden nach Angaben des Deutschen Beamtenbunds (dbb) zum Beispiel im Jahr 2013 beim Bund 60 Prozent eines Monatsbezugs, in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 32 und knapp 42 Prozent, in Berlin 640 Euro, in Bremen zwischen 710 und 840 Euro. In Brandenburg und Sachsen gab es damals indes ebenfalls nichts. Die Besoldung ihrer Beamten ist seit der Föderalismusreform 2002 wieder eine Angelegenheit der einzelnen Länder.

Der Arbeitsmoral der Bediensteten war das nicht zuträglich. Die Stimmung sei »auf einem Besorgnis erregenden Tiefstand«, hieß es noch Anfang Januar in einem offenen Brief, den dbb-Landeschef Wolfgang Ladebeck an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) schrieb. Er warnte vor Staats- und Politikverdrossenheit gerade bei jenen, die »das Funktionieren des Staats sicherstellen«.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe der Brief Früchte getragen. Die Opposition vermutet indes, dass der Sinnenswandel nicht von einem Schreiben, sondern vom Kalender ausgelöst wurde. Er vermerkt den 13. März als Wahltermin in Sachsen-Anhalt. Es mache ihn »misstrauisch«, dass die »Wohltat« kurz vor der Wahl verkündet werde, ohne dass die Kosten im Nachtragsetat gedeckt seien, sagt der Grüne Olaf Meister; er sprach sogar von »versuchter Beamtenbestechung«. Der LINKE-Finanzexperte Swen Knöchel kritisiert: Nachdem die Beamten über viele Jahre als »Sparschwein« hätten herhalten müssen, seien sie nun kurzfristig als Wähler entdeckt worden. Die LINKE enthielt sich bei der Abstimmung, die Grünen trugen den Vorstoß von CDU und SPD mit - auch wenn Meister kritisierte, die »Auslieferung und Bezahlung« des Geschenks überlasse man einer möglichen neuen Landtagsmehrheit. So, fügte er sarkastisch an, »kommt man billig über den Wahltag«.

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