Neue Risse an Friedrichswerderscher Kirche

Weiteres Bauprojekt bedroht einzigartigen Schinkel-Bau im Zentrum Berlins

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist die einzige noch ganz erhaltene Schinkel-Kirche in Berlin. Bald ist sie voll hinter Luxusbauten verschwunden - und vermutlich noch beschädigter als ohnehin.

Eine »Zerstörung mit Ansage« - so nennt der evangelische Pfarrer Stephan Frielinghaus das, was mit der Friedrichswerderschen Kirche von Karl Friedrich Schinkel im historischen Zentrum Berlins derzeit passiert. Das neugotische Gebäude, ein Baudenkmal von besonderem Rang, ist seit 2012 geschlossen, weil der Neubau von Luxuswohnungen in unmittelbarer Nähe zu irreversiblen Schäden geführt hat. Jetzt droht von einem weiteren Großprojekt an der Ostseite erneut Gefahr.

»Wir haben wieder neue Risse an verschiedenen Stellen, es ist ein Trauerspiel«, sagt Pfarrer Frielinghaus. Bisher sei die Ursache noch nicht ermittelt, das müssten nun die Experten klären. »Und ich befürchte, dass das Eigentliche noch bevorsteht, wenn die Baugrube ausgehoben wird. Dann kommt's zum Schwur«, so der Gemeindevorsteher.

Die oberste Kirchenleitung hatte, gestützt auf ein Gutachten, schon im vergangenen Herbst Alarm geschlagen. Das neue Projekt werde »sicher erneut zu vergleichbaren Schäden« führen wie bei den sogenannten Kronprinzengärten an der Westseite, hieß es. Damals hatten die Erschütterungen beim Bau der Tiefgaragen klaffende Risse in den Gewölben verursacht, der Putz fiel von der Decke, Fensteröffnungen verformten sich.

Die Kirche, seit 1987 nach einer millionenschweren Sanierung von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Ausstellungsraum genutzt, wurde geschlossen, die dort gezeigten Skulpturen mussten in Sicherheit gebracht werden. Zwar kam der Investor für die Reparaturen auf, doch ließen sich der Kirche zufolge bleibende Schäden nicht verhindern.

Der Bauherr des neuen Projekts wollte sich auf aktuell nicht äußern. In einer früheren Stellungnahme hatte die Frankonia Eurobau jedoch betont, sie sei sich ihrer großen Verantwortung bewusst, man habe entsprechende Lehren gezogen. »So sind die Bauarbeiten deutlich erschütterungsärmer und die Schlitzwände zur Sicherung des Untergrundes sind deutlich stabiler als auf der Westseite«, hieß es.

Auch die Senatsbauverwaltung verweist darauf, dass die vom Denkmalschutz geforderten Mess- und Überwachungssysteme installiert worden seien. Eine Sprecherin: »Beim Erreichen der Schwellenwerte ist eine Unterbrechung der Baumaßnahmen vorzunehmen, um weitere Schäden frühzeitig zu vermeiden sowie die möglicherweise eingetretenen Schäden zu begutachten und gegebenenfalls erforderliche Konsequenzen einzuleiten.«

Allerdings machen vielen Denkmalschützern nicht nur Risse und Erschütterungen Sorgen, sondern auch die Veränderungen im Stadtbild. Denn die Kirche, der einzige noch ganz erhaltene Sakralbau des königlich-preußischen Hofbaumeisters Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), wird zwischen den fünf- bis siebengeschossigen, nur wenige Meter entfernten Luxusbauten fast verschwinden. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal