»Wir sind Kirche« sagt: »Wir schaffen das«

Reformbewegung fordert Öffnung von kirchlichen Gebäuden für Geflüchtete / Versammlung der Bischofskonferenz berät über Flüchtlingsarbeit / Erzbischof Koch: Nein zu Pegida ist Ausdruck von Barmherzigkeit

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Reformbewegung »Wir sind Kirche« hat die katholischen Bischöfe zur Öffnung weiterer leerstehender Gebäude für Geflüchtete aufgerufen. Vor Beginn der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz verwies Christian Weisner von »Wir sind Kirche« auf Priesterseminare, Klöster und andere Räumlichkeiten, in denen Zuwanderer unterkommen könnten. In der aktuellen Wanderungsbewegung müsse die katholische Kirche mit ihrer weltweiten Vernetzung noch viel mehr leisten als bisher. »Jede Gemeinde sollte eine Familie adoptieren, so wie es Papst Franziskus vorgeschlagen hat«, forderte Weisner.

Die Bischöfe kommen von diesem Montag an im Kloster Schöntal (Baden-Württemberg) zu ihrer viertägigen Vollversammlung zusammen. Dabei soll an diesem Mittwoch auch ein Leitbild für die katholische Flüchtlingsarbeit verabschiedet werden. Etliche Diözesen, darunter das Bistum Rottenburg-Stuttgart als Gastgeber des Treffens, hatten angesichts sprudelnder Kirchensteuereinnahmen zuletzt einen Ausbau der Flüchtlingsarbeit angekündigt.

Aus Sicht von »Wir sind Kirche« sind besonders die Kirchen in der Lage und Verantwortung, mit ihrer immer noch starken Bindekraft den Zuwanderern aus blutigen Konfliktherden eine Hoffnung zu geben. »Das Christentum ist eine Religion des Handelns, der Nächstenliebe«, sagte Weisner. In der aktuellen Notlage sei es notwendig, dass die Religionen zusammenarbeiten. Auch im Islam gelte das Gebot der Barmherzigkeit.

Weisner räumte mit Blick auf die rechten Bewegungen in Europa ein, dass es auch unter Christen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit gebe. »Dagegen sind auch wir nicht gefeit«, sagte er. Gleichwohl sei das Engagement vieler Christen in der Flüchtlingsarbeit ungebrochen. »Es wird viel über Pegida und die Alternative für Deutschland gesprochen. Wenig berichtet wird aber über das viele Gute, das Hunderttausende für Flüchtlinge tun.«

Anhängern der rechten Pegida-Bewegung müssen nach Auffassung des Berliner Erzbischofs Heiner Koch klare Grenzen aufgezeigt werden. »Es kann auch ein Ausdruck von Barmherzigkeit sein, unmissverständlich und eindeutig zu reden und deutlich zu machen, wo Grenzen sind, die wir nicht überschreiten werden, etwa im Hinblick auf die Würde eines jeden Menschen, auch des Flüchtlings«, sagte Koch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dabei warnte er ausdrücklich davor, Fehler wie zur Zeit des Nationalsozialismus' zu begehen.

»Ich denke, auf manche Entwicklungen im «Dritten Reich», als sie noch abwendbar waren, hat man zu spät beziehungsweise nicht eindeutig genug reagiert. Das darf nicht wieder passieren«, betonte Koch, der früher Bischof in Dresden war. »Am Anfang haben wir, der evangelische Landesbischof und ich, mit Pegida-Vertretern das Gespräch gesucht. Aber Ende 2015 hat sich die Stimmung verschärft. Kommunikation im Sinne von Verständnis war nicht mehr möglich.«

Jeder in der Gesellschaft sei aufgefordert, »den Radikalen jeglicher Couleur die Grenzen ihres Redens und Handelns zu zeigen«, zitiert das mehr als 30 Tageszeitungen umfassende Redaktionsnetzwerk den Erzbischof. »Das kann uns keiner abnehmen. Auch der Papst nicht.« Agenturen/nd

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