Forscher kritisieren Stimmungsmache gegen Flüchtlinge
Offener Brief von 28 Potsdamer Wissenschaftlern fordert mehr Weltoffenheit
Potsdam. Potsdamer Wissenschaftler haben in einem offenen Brief die Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und Zuwanderer in Deutschland scharf kritisiert. Wer in der Flüchtlingskrise die Würde des Menschen und ihren Schutz als verbrieftes Grundrecht durch Worte und Taten in Frage stelle, greife auch den Charakter und das Selbstverständnis Potsdams an, heißt es in dem offenen Brief von 28 Leitern von Forschungs- und Bildungseinrichtungen, der am Mittwoch in Brandenburgs Landeshauptstadt veröffentlicht wurde. Eine solche Stimmung stehe gegen »unsere Werte als Europäer, als Deutsche und als Potsdamer« und auch gegen die Interessen der Stadt und der Institutionen als Standort für Wissenschaft und Wirtschaft.
Erstunterzeichner sind unter anderem der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans-Joachim Schellnhuber, der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), Hartmut Dorgerloh, Frank Bösch vom Vorstand des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) und Universitätspräsident Oliver Günther. »Als Leiterinnen und Leiter wissenschaftlicher Einrichtungen in Potsdam lehnen wir Menschenfeindlichkeit, Gewalt und Intoleranz aufgrund von Herkunft, Aussehen, Religion oder anderen Gründen ab«, schreiben die Wissenschaftler.
Wissenschaft lebe von Weltoffenheit, von der Neugier auf das Unbekannte und vom unvoreingenommenen Austausch von Ideen und Menschen über Staaten und Kulturen, Religionen und Hautfarben hinweg. »Wissenschaft ist der Gegenpol von Abschottung.«
Weitere Unterzeichner sind auch die Direktoren des Einstein-Forums, Susan Neiman, des Deutschen Geoforschungszentrums, Reinhard Hüttl, des IASS-Instituts für Nachhaltigkeitsforschung, Mark Lawrence, die Leiter mehrerer Fraunhofer- und Max-Planck-Institute sowie weitere Verantwortliche von Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen. »In unserem Land, in unserer Stadt darf keine Stimmung gegen Fremde und Schutzsuchende wachsen«, heißt es in dem Brief.
In keiner anderen deutschen Stadt sei der Anteil von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Bevölkerung höher als in Potsdam. Mit mehr als 10.000 Beschäftigten gehöre die Wissenschaft zu den wichtigsten Arbeitgebern in der Region. »Jeden Tag arbeiten die global vernetzten Potsdamerinnen und Potsdamer mit Kollegen in Forschungseinrichtungen anderer Länder an gemeinsamen Studien - für den Fortschritt aller in Deutschland und der Welt«, betonen die Wissenschaftler. epd/nd
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