50 Stimmen Vorsprung und »dermaßen verankert«

Köthen widerstand knapp dem AfD-Durchmarsch - Christina Buchheim hat dort das einzige Direktmandat der Linkspartei in Sachsen-Anhalt gewonnen. Ein Porträt

  • Franziska Höhnl
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Auf die Frage nach ihren Hobbys antwortet Christina Buchheim: Yoga, Gartenarbeit, die Hobbys der Kinder wie Schach und Fußball - und »quasi die Politik«. Die 45-Jährige ist seit 1992 in Kommunalparlamenten aktiv, seit sieben Jahren als Mitglied der Linken. »Eine Zeit lang war ich im Kreistag und im Stadtrat tätig, da war ich fast jeden Abend auf einer Sitzung«, erzählt die Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur.

Neben ihrem Beruf als Rechtsanwältin und der Rolle als Mutter von 13-jährigen Zwillingen, mit der Familie in Köthen, sei das stets ein Spagat gewesen - aber eben auch eine Organisationsfrage. Jetzt muss Buchheim neu organisieren. Sie ist seit dem 13. März gewählte Landtagsabgeordnete.

Genau in der Mitte der schwarzen Wahlkreise für die CDU-Sieger im Norden des Landes und dem blau gefärbten Süden mit den AfD-Gewinnern leuchtet im Wahlkreis Köthen ein roter Punkt - der von Christina Buchheim. Gleich bei ihrer ersten Kandidatur für den Landtag holte sie das einzige Direktmandat für die Linke, und auch das einzige, das nicht an Christdemokraten oder die Rechtspopulisten ging. Aber es war knapp: Buchheim hängte den AfD-Kandidaten Hannes Loth mit nur etwas mehr als 50 Stimmen Vorsprung ab. Dieser Zweikampf habe sie auch erschrocken und überrascht, sagt sie. »Ich hatte mich eher auf einen Zweikampf mit der CDU eingerichtet.«

Richtig mit ihrem Sieg gerechnet habe sie im Vorfeld nicht, verrät Buchholz und lächelt. »Man hofft, wenn man antritt - klar.« Doch mit dem Wissen, dass linke Kandidaten es schwer hätten und sie auf der Landesliste mit Platz 27 nicht sehr aussichtsreich gelegen habe, sei es doch eine Überraschung gewesen.

Was ihr den Erfolg gebracht hat? Ihr Parteifreund Jan Korte, Fraktionsvize im Bundestag, nennt gleich mehrere Gründe. »Sie ist so dermaßen verankert in Köthen«, sagt er. »Mir war klar: Wenn es jemand schafft, dann sie.« Buchheims Geburts- und Heimatstadt liegt in Kortes Wahlkreis. Dort waren beide oft gemeinsam unterwegs.

»Christina Buchheim ist in Köthen sehr bekannt und wird auch als Person wertgeschätzt«, erzählt Korte. Auch ihr Auftreten dürfte geholfen haben. »Sie ist nicht so auftrumpfend, sondern hat eine sehr offene, sehr ruhige, analytische Art«, bescheinigt der Linken-Politiker der frisch gebackenen Landtagsabgeordneten. »Sie hat einen sehr guten Seismographen, wie die Stimmung in der Stadt ist.«

Korte habe sie in ihrer Entscheidung zur Landtagskandidatur bestärkt, verrät Buchholz. »Es sollte eine Verjüngung in der Fraktion geben.« Wegen ihres Alters, ihrer Ausbildung und ihrer Bekanntheit sei die Wahl für eine Direktkandidatur auf sie gefallen. Jetzt werde sie in Ruhe mit der Fraktion über anstehende Themen und Aufgaben sprechen.

Köthenerin will sie trotzdem bleiben und so viel wie möglich zurück zum Mehrfamilienhaus mit dem Garten pendeln. Dorthin zog sie nach ihrem Studium und einigen Jahren in Halle zurück - in das ausgebaute Haus der in der Stadt ebenfalls bekannten Eltern, mit denen ihre Familie bis heute zusammenlebt.

Und Buchheim will trotz des neuen Berufspolitiker-Daseins weiterhin als Rechtsanwältin arbeiten, wenn auch nicht mehr in Vollzeit. Den Spagat zwischen Politik, Familie und Kanzlei sei sie ja schon gewohnt, sagt sie. »Da fühle ich mich meinen Mandanten gegenüber verpflichtet. Es kann auch nicht schaden, weiterhin das Ohr ganz nah an den Menschen hier vor Ort zu haben.« dpa/nd

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