Einbürgerung für Geduldige

Monatelange Wartezeiten in Mitte - ansonsten läuft es relativ gut

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Innenstadtbezirk fordert mehr Mitarbeiter für die Einbürgerungsbehörde, um Anträge schnell bearbeiten zu können.

1400 Menschen haben sich 2015 in Mitte einbürgern lassen, mehr als in jedem anderen Bezirk. Es hätten noch mehr sein können, allerdings würden dafür auch mehr als die 14 vorhandenen bezirklichen Mitarbeiter benötigt. »100 Einbürgerungsfälle pro Mitarbeiter sind das absolute Limit«, sagt der zuständige Stadtrat für Bürgerdienste, Stephan von Dassel (Grüne).

Und so müssen Einbürgerungswillige viel Geduld aufbringen. »Menschen, die im Januar gekommen sind, können wir erst im September einen Termin anbieten«, bedauert von Dassel. Um 50 Prozent sei die Zahl der Interessenten in den vergangenen Monaten hochgeschnellt. Das ist ungewöhnlich, denn seit Jahren liegen die Zahlen berlinweit relativ konstant zwischen 6000 und 7000. »Wir könnten natürlich erst mal alle Anträge annehmen, das würde aber die Bearbeitungszeiten in die Länge ziehen«, sagt von Dassel. Was wiederum dazu führe, dass manche der beigebrachten Unterlagen während des Verfahrens veralten würden und von den Antragstellern neu besorgt werden müssen.

Eine Entwicklung, die andere Bezirke nicht beobachten können. In Friedrichshain-Kreuzberg müssen sich Menschen etwa einen Monat gedulden, bis sie einen Termin zur Antragsabgabe erhalten. Sieben Mitarbeiter haben dort im vergangenen Jahr 740 Einbürgerungen abgewickelt. »Bei uns gibt es keine Terminsprechstunde, man kann einfach zu uns kommen und wird dann auch beraten«, sagt Thomas Blesing (SPD), Neuköllner Stadtrat für Bürgerdienste. Dort gab es 878 Einbürgerungen, zuständig sind zehn Sachbearbeiter, allerdings die Hälfte davon in Teilzeit.

In Tempelhof-Schöneberg haben sechs Mitarbeiter im vergangenen Jahr 698 Fälle erfolgreich abgewickelt. Die Zahlen unterscheiden sich in den vier Bezirken, die für mehr als die Hälfte der Einbürgerungen in der Hauptstadt verantwortlich sind, nur unwesentlich von denen von 2014 mit berlinweit 6539 Einbürgerungen.

Sehr wichtig ist zunächst die persönliche Beratung, da je nach Herkunftsland und Status in Deutschland von den Antragstellern sehr unterschiedliche Nachweise besorgt werden müssen.

Die Bearbeitungszeiten für einzelne Verfahren sind allerdings sehr unterschiedlich. »Wenn alle Unterlagen top sind, dann geht es in vier Monaten«, berichtet Blesing. 90 Prozent der Verfahren sind nach maximal einem halben Jahr erledigt, so von Dassel, die restlichen Fälle können aber auch zwei oder sogar zweieinhalb Jahre dauern. Das liegt meistens an der Bürokratie der Herkunftsstaaten. Bei manchen Ländern dauert es monatelang, bis überhaupt die Botschaft einen Termin vergibt, vieles kann nur vor Ort erledigt werden.

Zusätzliche Mitarbeiter für die Einbürgerungsbehörde von Mitte sind bisher nicht genehmigt. Bisher sind im Büro des Integrationsbeauftragten Andreas Germershausen keine berlinweiten Probleme bekannt. Allerdings steht immer noch das Angebot von Neukölln, für andere Bezirke die Bearbeitung von Fällen zu übernehmen. »Das haben wir schon früher gemacht und das würden wir auch wieder machen«, sagt Thomas Blesing. »Wir wurden aber schon lange nicht mehr gefragt. Vielleicht ist das eine Sache des Renommees.«

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