- Kultur
- Politisches Buch
Kriminalfälle aus der DDR
LESEPROBE
»In der ganzen Geschichte des Menschen ist kein Kapitel unterrichtender für Herz und Geist als die Annalen seiner Verirrungen.« So begann Friedrich Schiller seine berühmte Kriminalerzählung »Der Verbrecher aus verlorener Ehre. Eine wahre Geschichte« über den Mörder und Räuber Christian Wolf. Es war die erste Kriminalnovelle von Weltrang.
Wir lesen heute Berichte von Verbrechen und stellen mit Erstaunen fest, dass die Verirrungen des Menschen kaum thematisiert werden, sondern nur die oftmals verstörenden und grausamen Folgen seines verbrecherischen Handelns. Und wir wundern uns über die Aussage, dass Verbrechen eben zu unserer Kultur gehören, wie jüngst Frauke Hunfeld in der Zeitschrift »Crime« formulierte.
In der DDR hatte man in der Tat eine andere Sichtweise, die Hans-Joachim Kruse in seinem Vorwort zu dem Buch »Wer ist schuld?« wie folgt ausdrückte: »Die Ausbeutergesellschaft, die den Menschen nur als Mittel der Bereicherung betrachtet, musste mit dem Verbrechen leben. Wir hingegen haben in realer ›Beförderung der Humanität‹ ein neues Kapitel im Buch der Menschheit begonnen, in dem sich die Forderung von Marx erfüllt: ›Das höchste Wesen für den Menschen ist der Mensch selbst, folglich muss man alle Beziehungen, alle Bedingungen vernichten, in denen der Mensch ein unterdrücktes, versklavtes, verächtliches Wesen ist.‹«
Wir wollen von einem Menschen und den Annalen seiner Verirrungen erzählen, der in der DDR, genauer gesagt in Ostberlin, an seiner Psychologie komplett gescheitert ist, obwohl er als Wanderer zwischen den Welten nicht mehr als »Mittel der Bereicherung« betrachtet worden war. Und wir wollen, auch nach Schiller, aufzeigen, dass die Öffnung seines »Lasters vielleicht die Menschheit und auch die Gerechtigkeit« unterrichtet.
Aus dem Buch von Remo Kroll und Frank-Rainer Schurich »Tötungsdelikt Gisela G. und zwei weitere authentische Kriminalfälle aus der DDR« (Bild und Heimat, 219 S., br., 12,99 €).
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.