Mission Rückführung mit allen Mitteln

Amnesty: Türkei schiebt syrische Flüchtlinge ab / EU hält an Umsetzung des Anti-Flüchtlingspakts fest

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Montag soll Griechenland die ersten Flüchtlinge in die Türkei zurückschicken. Der Plan steht, die Vorbereitungen laufen, so die EU. Derweil spitzt sich die Lage in dem Mittelmeerstaat zu.

Das Datum scheint so unverrückbar wie der Plan selbst: Ab kommendem Montag sollen Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei abgeschoben werden. Die EU-Kommission hält an diesem Stichtag zum Beginn der Umsetzung des vor zwei Wochen geschlossenen Pakts mit Ankara fest. »Das ist der Plan, die Vorbereitung vor Ort läuft«, so ein Kommissionssprecher am Donnerstag in Brüssel. Demnach sollen am 4. April die ersten 500 Geflüchteten von den Ägäisinseln auf die andere Seite des Meeres gebracht werden.

Zuvor muss das Parlament in Athen jedoch die nötigen rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am Donnerstag vorgelegt, wie das Staatsfernsehen ERT berichtete. Die Abstimmung im Plenum soll am Freitag erfolgen. Auch auf türkischer Seite müssen noch rechtliche und organisatorische Voraussetzungen für die Aufnahme der Flüchtlinge geschaffen werden. Eine Art Drehscheibe zur Verteilung soll in Dikili gegenüber von Lesbos geschaffen werden. Die Hilfsorganisation Türkischer Roter Halbmond will in der Küstenregion ein Lager für 5000 Flüchtlinge einrichten.

Die Lage in Griechenland wird derweil immer dramatischer. Am Mittwochabend demonstrierten im Zentrum Athens mehr als 2000 Menschen gegen das Anti-Flüchtlingsabkommen. Auf Transparenten stand »Nieder mit dem rassistischen Pakt« und »Öffnet die Grenzen«. In mehreren Lagern kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Geflüchteten. Im Hafen von Piräus, wo fast 6000 Menschen in Wartehallen und Zelten ausharren, gingen in der Nacht Afghanen und Syrer aufeinander los. Im behelfsmäßigen Lager von Idomeni an der blockierten Grenze zu Mazedonien attackierten sich mehrere Menschen offenbar auch mit Messern.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erneuerte unterdessen ihre Kritik an dem Rückführungsdeal. Die Türkei sei kein sicherer Drittstaat. In den vergangenen Wochen habe Ankara Tausende syrische Flüchtlinge in das Bürgerkriegsland abgeschoben und damit gegen internationales Recht verstoßen. »Männer, Frauen und Kinder wurden in Gruppen von bis zu 100 nach Syrien abgeschoben«, so Türkei-Expertin Marie Lucas.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sieht durch das erklärte Ziel, alle Neuankömmlinge zurückzuschicken, die Einzelfallprüfung jedes Asylsuchenden gefährdet. Die UN forderten wohlhabende Länder wie die EU-Staaten erneut auf, mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Wie der zuständige UN-Hochkommissar Filippo Grandi nach einer Konferenz in Genf am Mittwochabend mitteilte, haben rund 90 Staatenvertreter jedoch zunächst nur eine Erhöhung der zusätzlichen Aufnahmeplätze um 7000 auf 185 000 zugesagt. Mit Agenturen Seite 6

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