Kreml entschuldigt sich

Putin-Fauxpas

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Einmal im Jahr bereitet das russische Fernsehen dem Präsidenten Wladimir Putin eine ganz besonders große Bühne. Am Donnerstag war es wieder so weit: Drei staatliche Fernsehsender übertrugen live seine TV-Fragestunde, hinzu kamen drei Radiosender. In einem Sprechstunden-Marathon beantwortete Putin ausgewählte Fragen von Bürgern. Thema waren diesmal auch die sogenannten Panama-Papiere und die darin genannten Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten. Die Berichterstattung mancher Medien im Westen, die den Eindruck erweckten, Putin sei in die Finanzschiebereien persönlich verwickelt, bezeichnete er als westliche Provokation. »Wir wissen, dass Mitarbeiter der amerikanischen Institutionen damit zu tun haben«, sagte Putin.

Konkret nahm er die »Süddeutsche Zeitung« ins Visier, die entscheidend bei der Veröffentlichung über Hunderttausende von Offshore-Firmen mitgewirkt hatte. Die »Süddeutsche« gehöre zu einer Holding, die ihrerseits dem US-Finanzinstitut Goldman Sachs gehöre, behauptete Putin. Dies habe er von seinem Pressesprecher Dmitrij Peskow erfahren. Das Blatt widersprach dieser Darstellung. »Die ›Süddeutsche Zeitung‹ gehört weder direkt noch indirekt zu Goldman Sachs«, teilte Geschäftsführer Stefan Hirschler mit. Das Traditionsblatt aus München sei eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Süddeutschen Verlags. Dieser gehöre zu 81,25 Prozent der Südwestdeutsche Medien Holding GmbH in Stuttgart und zu 18,75 Prozent der Münchner SV Friedmann Holding GmbH. Goldman Sachs sei an keiner der beiden Firmen beteiligt.

Wie Putin zu der Falschbehauptung gekommen ist, ist unklar. »Spiegel Online« spekuliert, dass der Kreml möglicherweise einer irreführend formulierten Information im Internet aufgesessen ist. Auf der englischsprachigen Wikipedia-Seite heiße es, dass am Kauf des Süddeutschen Verlags im Jahr 2008 durch die Südwestdeutsche Medien Holding auch der Stuttgarter Verleger Dieter von Holtzbrinck beteiligt gewesen sei, »mit Unterstützung durch das Investmenthaus Goldman Sachs«. Dass Holtzbrinck Interesse an dem Kauf hatte, stimmt, ebenso, dass er dafür das US-amerikanische Finanzinstitut als Investor gewinnen wollte. Holtzbrinck unterlag allerdings in dem Bieterverfahren.

Der Kreml hat den Irrtum mittlerweile eingestanden und entschuldigte sich am Freitag bei der »Süddeutschen Zeitung« für die falsche Behauptung. jam (mit Agenturen)

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