Schwäbische Übernahme

Christian Klemm über Özdemirs angekündigte Spitzenkandidatur bei den Grünen

In der Hauptstadt haben zugewanderte Schwaben nicht viel zu lachen: Sie werden für gentrifizierte Bezirke, immer teurere Brötchen und Ökolimonade in den Cafés verantwortlich gemacht. Fällt irgendjemand mit seiner südwestdeutschen Mundart in der Stadt auf, so rümpft mancher Einheimische die Nase. Ein ähnliches Szenario ist derzeit bei Bündnis 90/Die Grünen zu beobachten. Denn dort findet eine Übernahme statt, die sich seit einigen Jahren vollzieht - und bei der immer weniger Parteimitglieder die Nase rümpfen. Auch hier sind Schwaben die Übeltäter: Zum einen Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und zum anderen Cem Özdemir, einer der Vorsitzenden der Bundespartei. Letzterer hat am Wochenende seine Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl im kommenden Jahr angekündigt. Dabei hat er seine Skepsis gegenüber Rot-Grün im Bund kundgetan.

Baden-Württemberg ist eine Bastion des unionsfreundlichen Realflügels der Grünen. Neben Kretschmann und Özdemir sind die beiden Oberbürgermeister Boris Palmer (Tübingen) und Dieter Salomon (Freiburg) politische Schwergewichte im Lände. Oswald Metzger, eine Art Wegbereiter der Übernahme, hat bereits vor Jahren zur CDU rübergemacht. Bei dem aktuellen Zustand der Grünen wäre das nicht nötig gewesen. Da wäre Metzger vermutlich auf Parteitagen gefeiert worden - so wie Kretschmann und Özdemir es jetzt werden.

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