Treppe zum Eine-Welt-Zentrum

Die ehemalige Kindl-Brauerei wird Heimat für Künstlergruppen und politische Initiativen

  • Maria Jordan
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei einem Kiezfest im Rollbergviertel in Neukölln wird vorgestellt, was aus dem alten Brauereigelände wird.

Bis vor kurzem Stand man am Ende der Neckarstraße in Neukölln noch vor einer neun Meter hohen, unüberwindbaren Mauer. Stattdessen kann man von dort aus nun direkt über eine breite Treppe das sogenannte Kindl-Gelände betreten, eine bisher brache Landschaft zwischen Hermann- und Karl-Marx-Straße. Der neue froschgrüne Aufzug ermöglicht außerdem einen barrierefreien Zugang zum Gelände.

Pünktlich zum »Tag der Städtebauförderung« eröffnete Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Samstag mit musikalischer Untermalung der Zentralkapelle die neue Kindl-Treppe. Sie freue sich über diese neue Möglichkeit, die Treppenanlage als Geländesprung zwischen Rollbergkiez und Rathaus Neukölln zu nutzen. Sie mahnt aber auch zur Verantwortung: »Ich hoffe, dass diese Treppe so erhalten bleibt«, sagt sie bei der Eröffnungszeremonie. Schließlich seien die Neuköllner ja nicht für ihre Ordnungsliebe bekannt - man müsse ihnen noch beibringen, dass kaputte Kühlschränke und Sofas nicht auf den Bürgersteig gehörten.

Die Eröffnung der Kindl-Treppe ist jedoch nur einer von vielen Programmpunkten des Kiezfestes auf dem ehemaligen Brauereigelände. So feierte auch der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) an diesem Tag sein 20-jähriges Jubiläum. Der BER ist ein Verband vieler entwicklungspolitischer Organisationen und Gruppen, die sich in Berlin für globale Gerechtigkeit und eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Der BER veranstaltete gemeinsam mit dem Verein »Berlin Global Village« im Rahmen des Kiezfestes auch mehrere Dialogrunden zu den Themen Vielfalt, Ressourcen, Mode und Ernährung.

Das »Berlin Global Village« ist aus dem BER hervorgegangen und arbeitet seit 2011 an der Realisierung eines Eine-Welt-Zentrums. Dieses soll nun auf einem 5000 Quadratmeter großen Areal auf dem ehemaligen Brauereigelände entstehen. Das Zentrum soll die Zusammenarbeit von Organisationen und Initiativen ermöglichen und als Veranstaltungs- und Begegnungsort fungieren. »Willkommen bei entwicklungspolitischer Zusammenarbeit 4.0«, sagt Gründungsmitglied von Berlin Global Village Michael Küppers-Adebisi beim Empfang in der Fabrikhalle des »Agora Collectives«. Der Kern des Projekts sei für ihn, an einem Ort alles zu vereinigen, was es an proaktiver Zusammenarbeit möglich ist. Das Eine-Welt-Zentrum ist wiederum Teil des Eigentümerprojektes »Vollgut«, das die Industriebrache in Neukölln für soziale, kreative und ökologische Zwecke nachhaltig nutzen möchte.

Seit dem Kindl seine Produktionsstätte 2005 von Neukölln nach Weißensee verlagerte, verwaiste das 50 000 Quadratmeter große Areal zunächst. Seitdem hat sich jedoch einiges getan. 2014 eröffneten Schweizer Kuratoren in dem gewaltigen alten Sudhaus das »Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst«. Auch das legendäre Schwulenzentrum »SchwuZ« hat seine Tanzflächen mittlerweile von Kreuzberg in das Rollbergviertel verlagert.

Das »Agora Collective« wird hier aus einer bisher leeren Halle einen zweiten Standort »für Kreative, Innovatoren und Zirkuläre Wirtschaft« eröffnen, heißt es auf der eigenen Internetseite.

Langsam aber sicher scheint sich das alte Brauereigelände in eine moderne Kulturstätte zu verwandeln. Die »neuen« Neuköllner feiern diese Entwicklung bereits am Samstag mit einem Kiezfest, bleiben jedoch unter sich, in einer Parallelwelt mitten im alten Neukölln. Bemerkenswerterweise ohne all jene, die schon in diesem Kiez lebten, bevor es eine hippe Künstlerszene gab und man seinen alten Kühlschrank ungestört auf der Straße abstellen konnte.

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