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16 Neue für die Ruhmeshalle des deutschen Sports

Nur drei DDR-Sportler, die im Zeitraum von 1972 bis 1990 Erfolge feierten, schafften es in die Hall of Fame

Wer will, kann sich ärgern: Die Deutsche Sporthilfe hat gestern bekanntgegeben, welche Sportler aus den Jahren von 1972 bis 1990 künftig ihrer virtuellen Ruhmeshalle angehören sollen. Unter den 16 Sportlegenden, die die Berufung in die Hall of Fame sicherlich verdient haben, finden sich große Namen: Handballlegende Erhard Wunderlich, Bob-Olympiasieger Meinhard Nehmer und Fußball-Europameister Günter Netzer. Sie lassen die Ehrenhalle nun auf 102 Personen anwachsen.

Doch wie schon 2011, als DDR-Radsportlegende Täve Schur nicht die einfache Mehrheit in der Jury erzielte, fehlen auch diesmal etliche legendäre Athleten, die im Trikot der DDR den Weltsport bestimmten: Waldemar Cierpinski, Olympiasieger im Marathon 1976 und 1980. Karin Kania, dreimal Olympiasiegerin im Eisschnelllauf. Gerd Wessig, Hochsprung-Olympiasieger und Weltrekordler. Speerwerfer Uwe Hohn, der seinen Speer 1984 auf unfassbare 104,80 Meter warf, weswegen bald darauf das Sportgerät verändert wurde. Lutz Heßlich, Bahnsprint-Olympiasieger 1980 und 1988. Und so weiter, und so weiter.

In der umfangreichen Presseerklärung, mit der die Deutsche Sporthilfe die neuen Kandidaten vorstellte, wird umschrieben, wie schwierig die Wahl der Athleten war: Die 70er und 80er Jahre seien schließlich geprägt »durch politische Auseinandersetzungen, Boykott und Gegenboykott von Olympischen Spielen sowie eine einsetzende Dopingpraxis«. heißt es dort.

Über die Neuaufnahmen, die 2016 erfolgten, hatten 75 Jurymitglieder zu entscheiden, neben den Sportlern, die bereits Mitglied der Hall of Fame sind, waren das »Vertreter von Sport, Wirtschaft, Medien und Politik mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière an der Spitze«. 13 Jurymitglieder haben eine DDR-Biografie aufzuweisen - allesamt ehemalige Athleten. Mit den neugewählten drei Mitgliedern sind es nun insgesamt 16 Sportler in der Ruhmeshalle, die ihre Erfolge als DDR-Sportler feierten.

Welche Sportler aus den Jahren 1972 bis 1990 die Jury abwählte, will die Deutsche Sporthilfe anders als 2011 im Fall Täve Schur nicht öffentlich bekannt machen: »Zum einen aus Respekt vor den Menschen«, sagt Pressesprecher Jörg Hahn, »und zum anderen, weil die Wahl ja keine endgültige ist. Jeder Sportler kann in Zukunft wieder vorgeschlagen und gewählt werden.«

Seit 2008 werden jährlich neue Mitglieder in die Ruhmeshalle nominiert, nach wechselnden Kriterien: Anfangs waren es die Träger der Goldenen Sportpyramide, später wurden dann auch »Besondere Biografien«, wahlweise »im Einsatz für die Werte des Sports«, »als besonderer Kämpfer« oder »als Ideengeber des Sports«. Als 2008 die ersten 40 Namen für die Ehrenhalle bekannt wurden, war nur ein Ex-Athlet aus dem Osten unter den Nominierten: Schwimmer Roland Matthes. Später kamen herausragende Sportpersönlichkeiten wie Eiskunstläuferin Katarina Witt, Kanutin Birgit Fischer und Boxer Henry Maske dazu.

Unter den ersten Geehrten fanden sich aber auch fünf Sportler bzw. Sportfunktionäre, die einst NSDAP-Mitglieder waren: Josef Neckermann, Sepp Herberger, Willi Daume, Rudolf Harbig und Gustav Kilian. Aber auch Ringer Werner Seelenbinder schaffte es in die Ruhmeshalle - der kommunistische Arbeitersportler, der 1944 in Brandenburg unter dem Fallbeil der Nazis starb.

Michael Ilgner, als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe an der Jury beteiligt, betont, man sei sich wohl bewusst gewesen, dass die Nominierungen sicherlich Diskussionen hervorrufen würden: »Doch diese sind auch notwendig, denn wir wollen herausstellen, dass die Aufnahme oder Nicht-aufnahme in die Hall of Fame nie ein endgültiges Urteil zu einer Persönlichkeit und ihrem Wirken sein kann. Die Hall of Fame soll auch ein Forum der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des deutschen Sports sein.«

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