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Ausdauersport: Wann ist es zu viel?

Neben den Profis versuchen sich auch massenhaft Amateure im Ausdauersport. Selbst unser nd-Gelehrter treibt Sport. Er warnt aber vorm Übertreiben.

Wie viel Joggen ist gesund?
Wie viel Joggen ist gesund?

Steffen, Hand aufs Herz: Machst du eigentlich selbst Sport?

Nicht aus Spaß, eher aus Not. Ich hatte einen Meniskusriss, danach Reha. Da wurde mir klar: Knorpel wächst nicht nach. Gelenke halten nur, wenn Muskeln sie stabilisieren. Ohne Training reibt irgendwann Knochen auf Knochen – das ist nicht lustig. Also mache ich seitdem regelmäßig was, damit die Teile nicht auseinanderfallen.

Stimmt es, dass Bewegung auch die Knochen stärkt?

Ja. Knochen sind keine starren Blöcke, sondern ständig im Umbau. Belastung zerstört und erneuert Strukturen zugleich. Druck auf den Knochen ist das beste Mittel gegen Osteoporose. Wer sich nicht bewegt, verliert Substanz.

Ich habe vier Monate für meinen ersten Triathlon trainiert und bekam nach 100 Metern im Wasser Atemnot. Was war da los?

Das klingt nach einem Kälteschock. Springst du bei 16 Grad Celsius in die Ostsee, reagiert der Körper mit Hyperventilation. Manche holen dann nicht Luft, sondern Wasser – deshalb ertrinken Leute, die plötzlich ins Kalte fallen.

Ich dachte zwischendurch, es sei ein Infarkt!

Ganz ausschließen lässt sich das nie. Studien mit Marathonläufern zeigen: Wer unregelmäßig trainiert und dann überzieht, sammelt Dinge im Blut an, die das Herz belasten. Wer beständig dranbleibt, auch ohne Rekorde, hat dagegen Vorteile.

Dr. Schmidt erklärt die Welt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere. Jirka Grahl sprach mit ihm über Fluch und Segen des Sporttreibens im Alter.

Hinterher plagte mich Muskelkater – eher Warnsignal oder Heilung?

Beides. Früher dachte man, es sei die Übersäuerung der Muskeln, heute weiß man: Es sind winzige Muskelfaserrisse. Der Schmerz zwingt dich zur Pause und regt die Heilung an. Muskeln können das, Sehnen und Knorpel nicht – da fehlen Stammzellen.

Kann man Ausdauersport übertreiben?

Na klar. In der DDR waren wir führend bei sogenannten Bio-Sensoren. Die halfen auch dem Leistungssport. Die zeigten an, wenn Muskeln nach dem Training übersäuerten. Bekommt der Muskel zu wenig Sauerstoff, produziert er Milchsäureprodukte, also Laktate. Bei Anzeige: Pause! Das Witzige: Die Dinger stammten aus Berlin-Buch und Dresden und waren streng geheim, aber bei Olympia sah man dieselben Geräte bei der BRD-Mannschaft stehen – nur war ein anderes Firmenschild drauf!

Sind wir Menschen von Natur aus Dauerläufer oder Sprinter?

Eher Dauerläufer. Eine Theorie besagt, dass wir zu Fleischfressern wurden, weil wir besser lange Strecken rennen konnten als andere Tiere. Ein Biologe schrieb sogar, der Mensch sei der ausdauerndste Läufer im Tierreich. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Man stelle sich aber vor: Frühmenschen sehen Geier kreisen, rennen los, und wer zuerst am Kadaver ist, gewinnt. Löwen verstehen den Hinweis nicht – wir schon. Mit Steinen konnten wir dann das Fell öffnen, das der Geier nicht aufbekam. Der muss warten, bis Fäulnisgase den Kadaver aufplatzen lassen.

Gibt es das berühmte »Runner’s High«? Das Hochgefühl dank Dauerlauf?

Gibt’s. Nur beim Warum scheiden sich die Geister. Lange dachte man, Endorphine lösen das aus. Heute spricht vieles für körpereigene Cannabinoide. Wie Kiffen ohne Joint. Manche spüren es, andere nie.

Du gehörst eher zur zweiten Gruppe?

Absolut. Im Studium musste man 3000 m laufen. Ein Kommilitone schleppte mich jede Woche zum Training, am Ende war ich noch 30 Sekunden langsamer! Und Euphorie? Fehlanzeige. Immerhin bin ich auch nie nikotin- oder alkoholsüchtig geworden. Vielleicht bin ich immun gegen Rauschzustände.

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