Doch nicht so reibungslos?

Hans-Gerd Öfinger über die Tarifrunde der Drucker

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Beobachtern der Tarifrunde 2016 drängt sich der Eindruck auf, dass die »Regie« keine Bündelung der Kräfte will. Die nach einem kurzen Warnstreikritual erzielten bescheidenen Abschlüsse liegen quer durch die Bank mehr oder weniger auf einer Linie. Verzettelung und Koordination zugleich.

Doch ganz so reibungslos scheint die Tarifrunde nicht abzulaufen. Dies zeigt die jüngste Verhärtung in der Druckindustrie. Hier endete am Dienstag die dritte Verhandlungsrunde ergebnislos. Der Arbeitgeberverband bvdm stellt sich stur. Mit ihrer Bereitschaft, die Forderung herunterzuschrauben und sich mit insgesamt 4,5 Prozent Zuwachs über 24 Monate zu begnügen, stießen die ver.di-Verhandlungsführer bei den bvdm-Chefs auf taube Ohren. Die wollten nicht über 1,2 Prozent über 18 Monate und zwei »Leermonate« hinaus gehen. Dabei sind die meisten Verlage finanziell bestens aufgestellt und gehen weiter auf Einkaufstour. Am 13. Juni wird weiter verhandelt.

So zeigt sich, wie wichtig aktive branchenübergreifende Solidarität wäre. Offensichtlich fühlt sich die bvdm-Spitze stärker als in früheren Jahrzehnten. Die Zahl der gut organisierten Streikbetriebe ist gegenüber den 1970er, 1980er oder 1990er Jahren geschrumpft. Damals war die kleine aber feine IG Druck und Papier bzw. IG Medien eine treibende Kraft in der Bewegung. Ihre Streiks für 35-Stunden-Woche und Rationalisierungsschutz strahlten aus. Auch kleinere Belegschaften fanden in schwierigen Betriebskonflikten Rückendeckung und aktive Solidarität.

Seither sind viele Druckereien Opfer von Konzentration und Marktbereinigung geworden. Modernste Technik macht Streikbruch einfacher. Verlage haben die Gunst der Stunde genutzt und sich der Tarifbindung und alter Belegschaften entledigt. Längst bietet der bvdm den Firmen eine »OT-Verbandsmitgliedschaft« an, also Service ohne Tarifbindung. Dass solche Modelle aber nicht das letzte Wort sind, hat jüngst die Belegschaft von fusionierten Verlagen im östlichen Baden-Württemberg bewiesen. Sie organisierte sich massenhaft und verhinderte Tarifflucht.

Allen Widrigkeiten zum Trotz haben Beschäftigte von kampfstarken Druckbetrieben dieser Tage bundesweit große Konfliktbereitschaft gezeigt. Oft waren es keine operettenhaften Warnstreiks, die keinem wehtaten, sondern Arbeitskämpfe rund um die Uhr, die die Produktion beeinträchtigten. »Wegen eines Streiks im Druckhaus Spandau erscheint die Berliner Morgenpost heute in einer anderen Struktur und nicht in der gewohnten Aktualität«, musste der Springer-Verlag dieser Tage eingestehen. Als die ver.di-Vertrauensleute der FAZ-eigenen Frankfurter Societäts-Druckerei (FSD) am vergangenen Wochenende bei einer Versammlung erfuhren, dass Springer den Druck seiner Sonntagsblätter in ihren Betrieb verlagern wollte, rief ver.di die FSD-Belegschaft unverzüglich zum Warnstreik auf.

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