Kleinlaute Zündler aus Petrys Stall

Sächsische AfD-Abgeordnete treffen sich mit ungarischen Rechtsextremen - und sprechen später von einem Fehler

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Die AfD sucht nach Verbündeten in Europa. Zwei sächsische Abgeordnete, die sich mit Politikern von Jobbik in Ungarn trafen, schossen aber vorerst über das Ziel hinaus.

Streit darüber, wie weit rechts sich die AfD politisch aufstellen will, offenbart sich nicht zuletzt in bündnispolitischen Fragen: Mit wem redet man, mit wem will man lieber nichts zu tun haben? Die FPÖ in Österreich gilt fast als Bruderpartei; AfD-Chefin Frauke Petry ließ sich zuletzt auf der Wahlparty der »Freiheitlichen« nach der Präsidentenwahl sehen. Um das Verhältnis zum »Front National« in Frankreich wird noch gerungen. Erst galt nur eine Kooperation im EU-Parlament als tolerabel, wo Petrys Lebensgefährte Markus Pretzell mit FN-Chefin Marine Le Pen neuerdings zusammen in einer Fraktion sitzt. Darüber hinaus gehende Kontakte sah man zunächst eher skeptisch. Inzwischen bröckeln die Vorbehalte: Wenn man die EU umkrempeln wolle, komme man am Front National »am Ende nicht vorbei«, sagte Petry kürzlich; eine Zusammenarbeit sei »realpolitisch geboten«.

Auch innenpolitisch fallen Schranken, Stichwort Pegida: Während die sächsische AfD um Petry ein »recht distanziertes« Verhältnis zu der islamfeindlichen Bewegung pflegt, sendet der rechten Flügel der Partei andere Signale. Nach einem Auftritt von Hans-Thomas Tillschneider, Abgeordneter der AfD in Magdeburg und Kopf der »Patriotischen Plattform« in der Partei, erklärte Sachsen-Anhalts Fraktionschef André Poggenburg, man stehe »grundsätzlich zu Pegida als Bürgerbewegung«. Björn Höcke, sein Amts- und Gesinnungskollege aus Thüringen, sprach von Pegida gar als einer »Vorfeldorganisation«.

Querelen im Norden - AfD-Sonderparteitage in Binz und Bremerhaven

Binz. Drei Monate vor der Landtagswahl hat die AfD in Mecklenburg-Vorpommern die Schweriner Kommunalpolitikerin Petra Federau vom aussichtsreichen Listenplatz drei gestrichen. Auf einem Sonderparteitag am Samstag in Binz plädierten nach einer hitzigen Debatte 84 von 137 anwesenden stimmberechtigten Mitgliedern in einer geheimen Abstimmung für ihre Abwahl.

Federau wurde parteischädigendes Verhalten vorgeworfen, weil sie bei der Nominierung im Februar verschwiegen haben soll, dass sie für einen Escort-Service arbeitete, der Frauen auch in arabische Länder wie Abu Dhabi und Dubai vermittelt haben soll.

Auch die nach internen Machtkämpfen zerstrittene Bremer AfD ist am Sonntag zu einem außerordentlichen Landesparteitag in Bremerhaven zusammengekommen. Die 46 stimmberechtigten Mitglieder sollten im Laufe des Tages vier neue Vorstandsmitglieder wählen. Die Partei, die bei der Bürgerschaftswahl vor einem Jahr vier Mandate erringen konnte, ist derzeit noch mit einem Abgeordneten im Bremer Landtag vertreten. Drei Abgeordnete hatten sich Alfa angeschlossen, der neuen Partei des AfD-Mitbegründers Bernd Lucke. Ihren letzten Vertreter in der Bürgerschaft, will die Partei nun auch loswerden. Gegen ihn läuft ein Ausschlussverfahren. Seinen Vorstandsposten hatte er Ende April geräumt. dpa/nd

Ausgerechte zwei Abgeordnete aus Petrys Stall schossen jetzt bei der Anwerbung von Partnern offensichtlich über das Ziel hinaus. Die Politiker Mario Beger und Gunter Wild trafen sich in Budapest mit Gábor Vona, dem Chef der rechtsextremen Partei Jobbik. Dieser habe eine Zusammenarbeit der Parteien angeregt, »da sich die Ziele beider Organisationen ähneln«, meldete das EU-kritische ungarische Internetportal »Unser Mitteleuropa«. Die im Jahr 2003 gegründete Jobbik, deren Name »die Besseren« oder »die Rechteren« bedeutet, setzt Ungarns rechtspopulistischen Präsidenten Victor Orbán von rechts unter Druck, bei der Europawahl 2014 wurde sie zweitstärkste Partei in Ungarn.

In Sachsen sorgt das Treffen der Politiker von AfD und Jobbik für Empörung. Anja Klotzbücher, die europapolitische Sprecherin der LINKEN, unterstellt einen »Rechtsruck mit Petrys Segen«. Sie erinnerte an Äußerungen der AfD-Bundeschefin, die im »Münchner Merkur« ein »Zusammenwirken möglichst aller EU-kritischen Kräfte« als Ziel ausgab. Klotzbücher merkte an, eine »derart wegweisende außenpolitische Zusammenkunft« könne kaum ohne den Segen Petrys stattgefunden haben.

Genau diesen Eindruck sucht die Partei jedoch zu erwecken. In einer formelhaften Erklärung gaben Beger und Wild zu Protokoll, sie hätten das Treffen »ohne Abstimmung und ohne Kenntnis« von Fraktion und Parteigremien durchgeführt. Ihnen sei »inzwischen bewusst, dass dieser Alleingang einen schweren Fehler darstellt und dazu geeignet ist, unserer Partei öffentlichen Schaden zuzufügen«, heißt es in kleinmütigem Ton. In vorauseilender Demut versicherten die beiden Abgeordneten, dass sie »geeignete Parteiordnungsmaßnahmen« durch die Landespartei »bereits jetzt akzeptieren«.

Ob es sich freilich tatsächlich um einen naiven Alleingang handelte oder ob Beger und Wild die Türöffner für spätere offizielle Kontakte sind, bleibt abzuwarten. Als Höcke der FN-Chefin Le Pen im Dezember 2014 zum Wahlerfolg bei der Regionalwahl gratulierte, galt das der AfD-Parteispitze noch als »falsch und unangemessen«. Anderthalb Jahre später sucht man offiziell den Schulterschluss.

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