Brennpunkt Brenner weiter heiß umstritten
Vorerst keine Kontrollen durch Österreich / Wiens Innenminister in München mit der CSU auf einer Linie
München. Am Brenner-Pass wird es trotz steigender Flüchtlingszahlen in Italien zunächst weiter keine österreichischen Grenzkontrollen geben. Momentan gebe es in Tirol nur wenig »Aufgriffe« von Flüchtlingen, sagte der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka am Donnerstag bei einem Besuch in München. An manchen Tagen seien es null.
Von einer Entschärfung des Konflikts mit der Bundesregierung kann aber keine Rede sein. Denn falls es wieder zu einem Anstieg der Flüchtlingszahlen kommt, will Wien die Grenzkontrollen am wichtigsten Alpen-Übergang zwischen Österreich und Italien wieder einführen. »Sollte das wieder mehr werden, werden dort auch Kontrollen zu errichten sein, das versteht sich von selbst«, sagte Sobotka. Die österreichischen Vorbereitungen am Brenner sind seit Monaten ein Zankapfel zwischen Wien und Berlin. Kanzlerin Angelika Merkel hat die österreichischen Pläne am Brenner mehrfach scharf kritisiert. »Dann ist Europa zerstört«, hatte Merkel erst am Freitag gemahnt.
Die österreichische Regierung will sich dem Berliner Druck aber nicht beugen: Österreich habe intensive Gespräche mit dem italienischen Innenminister Angelino Alfano geführt, »um klar zu machen, dass dort kein Spielraum besteht«, sagte der konservative ÖVP-Politiker nach einem Gespräch mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Der deutsch-österreichische Streit wird begleitet von innerdeutschem Koalitionszwist: Die CSU und damit auch die bayerische Regierung stehen in diesem Falle an der Seite Wiens: »Wir begrüßen das nachdrücklich und sagen unsere volle Unterstützung zu«, sagte Herrmann zu Sobotkas Äußerungen. Die Flüchtlingszahlen im Mittelmeer steigen derzeit wieder an.
Die Kontrollen der Bundespolizei an der deutsch-österreichischen Grenze hält Herrmann für unverzichtbar. »Die EU-Kommission hat selbst festgestellt, dass der Schutz der EU-Außengrenzen nicht hinreichend gewährleistet ist.« Als Argument für die Notwendigkeit der Kontrollen führte Herrmann auch die Terrorgefahr an: »Wir wissen mittlerweile, dass der Flüchtlingsstrom von IS-Terroristen missbraucht wird, um auf diese Weise ins Land zu gelangen«, sagte Herrmann zu den aufgedeckten Anschlagsplänen in Düsseldorf.
Die Flüchtlingsrouten auf dem Balkan wollen Innenminister und Sicherheitsexperten der betroffenen Länder bei mehreren Treffen erörtern. Die Leiter der Grenzpolizeien treffen sich am 21. Juni in Ungarn, die Chefs der Polizeien wollen am 30. Juni in Wien zusammenkommen, teilte das österreichische Innenministerium am Donnerstag mit. Mitte Juli sei dann eine Konferenz der Innenminister in Wien geplant. Zu allen drei Terminen sei auch Deutschland eingeladen, sagte ein Ministeriumssprecher. Auch Griechenland werde teilnehmen. Agenturen/nd
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