Bogotá gibt gegen Bauern klein bei

Protestbewegung ringt Kolumbiens Regierung wichtige Zugeständnisse ab

  • David Graaff, Bogotá
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bauern in Kolumbien haben nach Zugeständnissen der Regierung ihre Massenproteste beendet, bei denen es mehrere Tote gab und die zu massiven Verkehrsbehinderungen geführt hatten.

Der Druck auf die Regierung war hoch. So hoch, dass es am Ende nur drei Tage brauchte, bis sich die Verhandlungsvertreter der Streikenden und hochrangige Regierungsmitglieder auf erste Forderungen der Demonstranten einigen konnten.

»Ganó el campo«, das ländliche Kolumbien habe gewonnen, jubelte Cesar Jerez, einer der Vertreter des Streikbündnisses »Cumbre Agraria«, einem landesweiten Zusammenschluss verschiedener indigener, afro-kolumbianischer und kleinbäuerlicher Gruppierungen. Diese hatten an über 100 Stellen im ganzen Land seit rund zwei Wochen Proteste organisiert, Gebäude besetzt und zahlreiche Überlandstraßen und einen internationalen Frachthafen blockiert, um gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung zu demonstrieren und mehr Mitspracherecht für soziale Bewegungen zu fordern. Besonders die Blockade der Panamericana südlich der Millionenstadt Cali traf den kapitalistischen Normalbetrieb. Auf Markplätzen im Süden des Landes stiegen bereits die Lebensmittelpreise, Krankenhäuser waren zum Teil ohne Sauerstoff für die Patientenversorgung.

Mit Gewalt hatten Polizei und Militär versucht, die Blockaden aufzulösen. Dabei kamen drei Menschen ums Leben, mehr als 100 wurden verletzt. Die Vereinten Nationen forderten, die Todesumstände müssten vollständig aufgeklärt werden. Sie hatten angesichts eines sich nicht abzeichnenden Ende des Streiks vergangene Woche beide Seiten dazu aufgerufen, die »Anstrengungen zu verdoppeln«. Die Regierung schickte daraufhin zahlreiche hochrangige Funktionäre in die Provinz, darunter den Umwelt- sowie den Innenminister. Verhandelt wurde in der Kleinstadt Santander de Quilichao. Dabei einigten sich beide Seiten nun soweit, dass die Organisatoren den Streik am Sonntag vorerst für beendet erklärten.

Der Kern der Forderungen der teils sehr unterschiedlichen sozialen Bewegungen der Cumbre ist die Möglichkeit, selbst über die Organisation ihrer jeweiligen Region oder Territorien zu entscheiden und auf nationaler Ebene ein größeres Mitspracherecht zu erhalten. Denn die Interessen der lokalen bäuerlichen Bevölkerung widersprechen nicht selten jener in der fernen Hauptstadt Bogotá definierten Politik. Und auch die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der FARC sehen viele Organisationen kritisch, weil sie fürchten, in Havanna werde über ihre Köpfe hinweg entschieden.

Konkret äußert sich das Anliegen nach mehr Mitsprache beispielsweise in der Forderung, sämtliche von der Regierung großzügig ausgegebenen Bergbaulizenzen oder andere Megaprojekte in kommunitären Gebieten erneut auf den institutionellen Prüfstand zu stellen. Dies hat die Regierung nun ebenso zugesagt, wie sich dafür einzusetzen, dass die staatsbürgerlichen Rechte der »campesinos«, der Kleinbauern und die Selbstverwaltung gestärkt werden. Zudem sollen die sozialen Organisationen stärker in die anstehende Post-Konfliktphase im Falle eines Friedensschlusses eingebunden werden. Ab Donnerstag werden die Gespräche nun en detail in Bogotá fortgeführt, kommende Woche ist zudem ein Treffen mit Präsident Juan Manuel Santos geplant. Allerdings, so Marylen Serna, Sprecherin der »Cumbre Agraria«, sei man jederzeit bereit, die Proteste wieder aufzunehmen, sollte die Regierung die Vereinbarungen missachten und es keine substanziellen Fortschritte geben. Die bisherige Mobilisierung wertete sie als Erfolg. »Die Cumbre Agraria geht gestärkt und sichtbar aus der Mobilisierung hervor«, sagte Serna.

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