Riviera des Ostens ist gesichert

Strandbad Müggelsee soll bis zum Jahr 2019 für acht Millionen Euro saniert werden

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Insgesamt acht Millionen Euro wollen der Bund und das Land Berlin für die Wiederherstellung des traditionsreichen Strandbades investieren.

Das historische Strandbad Müggelsee in Rahnsdorf - Berlins größtes, aber seit zehn Jahren offiziell gar kein Bad mehr - soll bis 2019 denkmalgerecht saniert werden, und die bauplanerischen Schritte können jetzt beginnen. Das teilten die Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Schmidt (Wahlkreisabgeordneter Treptow-Köpenick) und Swen Schulz (Mitglied im Haushaltsausschuss) sowie Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) am Mittwoch mit.

Zugleich wiesen sie Zweifel von Bürgern der Anrainergemeinden Rahnsdorf und Friedrichshagen an der Ernsthaftigkeit der Sanierungsvorhaben als unbegründet zurück. »Das Geld ist gesichert. Das habe ich schriftlich, es gibt kein Zurück«, sagte Bezirksbürgermeister Igel beim Ortstermin im Strandbad, offiziell heute nur noch »Sport- und Erholungsareal« mit unbewachter Badestelle. Auch die beiden Bundestagsabgeordneten betonten, dass die vom Bund beziehungsweise Land Berlin unlängst beschlossenen je vier Millionen Euro zur Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude von 1929/30 sicher seien. Haushaltsexperte Schulz: »Die Bereitstellung der Gelder ist Gesetz.«

Das Strandbad, gelegentlich »Riviera des Ostens« genannt, wird Mitte Juli 104 Jahre alt. Die denkmalgeschützten Gebäude waren - parallel zu denen im Strandbad Wannsee - 1929/30 unter Leitung von Stadtbaurat Martin Wagner entstanden. Der Stahlbeton-Komplex mit der 160 Meter breiten Terrasse, dem darunter liegenden Wandelgang samt Umkleiden, Verkaufs- und Sanitäreinrichtungen sowie der Freitreppe gehörte zur Geburtsstunde des Neuen Bauens. Deshalb genießen die Bäder Müggelsee und Wannsee seit 1977 beziehungsweise 1983 Denkmalschutz. Architekt Wagner hatte 1930 in der »Deutschen Bauzeitung« geschrieben: »Die Sozialanstalten (Strandbäder - R.O.) sollen denjenigen Bevölkerungsschichten dienen, die in luft- und lichtlosen Mietskasernen wohnen und sich den Luxus einer Badereise nicht leisten können.« Tatsächlich war Berlin in dieser Zeit die Welthauptstadt der Mietskaserne: Im Schnitt stapelten sich 78 Bewohner pro Haus, mehr noch als in sozialen Brennpunkten wie Paris (38), New York (20) oder London (8).

Nach Angaben von Bezirksbürgermeister Igel werden »nächste Woche« die ersten öffentlichen, EU-weiten Ausschreibungen zur Bestandsaufnahme der baulichen und sonstigen Schäden im Denkmalbereich und zur Ermittlung der Schadenshöhe und Kosten zur Schadenbeseitigung gestartet. Das werde mehrere Monate dauern, bevor Bundesbehörden die Befunde prüfen. Sobald von deren Seite das »Okay« vorliege, so Igel, könnten die Bundesmittel fließen und in einer »Bauzeit von zwei Jahren« die Sanierung erfolgen. Auf nd-Nachfrage äußerte der Bezirksbürgermeister seine »Hoffnung, dass sie bis Herbst 2019 abgeschlossen werden kann«. Der Bade- und Freizeitbetrieb des Areals soll in der Bauzeit »ohne Einschränkung« weitergeführt werden und nach Sanierung bei weiter freiem Eintritt stattfinden. Letzteres ist Beschlusslage, und der Bundestagsabgeordnete Schmidt sieht »keinen Anlass, daran zu rütteln«. Der Hesse, seit 25 Jahren in Berlin, war neben der Initiative »Bürger für Rahnsdorf e.V.«, auf deren Wirken dem Bad 2014 das Gütesiegel »Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung« zuerkannt worden war, maßgeblich an der Organisation der Finanzzusagen beteiligt.

Monika Zimmer von der Initiative äußerte beim Ortstermin ihr »und das Bedauern vieler Bürger« zur Mitteilung des Bürgermeisters, der aus der DDR stammende gastronomische Multifunktionsbau solle im Zuge der Sanierung so bald wie möglich beseitigt werden. Der im Volksmund als »Disco-Würfel« bekannte Kubus sei nicht Teil der Denkmalsubstanz; vielmehr gingen von ihm »große Gefahren für das Denkmal« aus, hieß es. Zimmer erinnerte an Gutachten zur Umgestaltung des Würfels in eine ganzjährig nutzbare Wellnessoase, ein Vorschlag, »der in der Bevölkerung viel Zustimmung« finde. Für ihre Initiative kündigte sie eine Prüfung der Aussage Igels an, Regenwasser und andere Feuchtigkeit vom Würfel gefährdeten die Substanz der Denkmalbauten.

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