Rechte von transsexuellen Stellenbewerbern gestärkt
Bundesarbeitsgericht in Erfurt zu zwei Bewerber-Streitfällen
Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nichts über die bestehende Transsexualität wusste, so das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 421/14) in Erfurt in einem am 11. Mai 2016 veröffentlichten Urteil. Danach kann es für eine Diskriminierungsentschädigung ausreichen, wenn die Transsexualität unbewusst vermutet wurde.
Damit bekam eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle im Grundsatz Recht. Sie hatte sich bei einer Leiharbeitsfirma als Kommissioniererin für Designerschmuck beworben. Ein Arbeitsvertrag wurde ihr in Aussicht gestellt. Als sich die Frau bei dem Logistikleiter meldete, hatte dieser sie für einen Mann gehalten. Er wolle jedoch nur eine Frau. Obwohl sie entgegnete, dass sie die vom Jobcenter angekündigte Frau sei, hatte er ihr Geschlecht mehrfach angezweifelt. Die Stelle bekam letztlich eine andere Frau. Die Transsexuelle sah sich diskriminiert und forderte eine Entschädigung.
Fehlendes Interesse an einem schwerbehinderten Stellenbewerber muss nicht unbedingt Diskriminierung bedeuten. Lehnt ein öffentlicher Arbeitgeber einen überqualifizierten behinderten Bewerber nicht zum Vorstellungsgespräch ein, ist dies rechtlich in Ordnung. So urteilte das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 194/14) in einem am 18. Mai 2016 veröffentlichten Urteil.
Geklagt hatte ein schwerbehinderter Stellenbewerber, der sich auf eine Sachbearbeiterstelle im saarländischen Umweltministerium beworben hatte. Das Land erteilte ihm eine Absage, ohne den Schwerbehinderten vorher zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu haben. Er sei mit seinem Hochschulabschluss als Diplom-Kaufmann überqualifiziert. Aus personalpolitischen Gründen würden überqualifizierte Bewerber nicht berücksichtigt.
Der Schwerbehinderte fühlte sich diskriminiert und forderte eine Entschädigung in Höhe von 9459 Euro.
Das BAG in Erfurt urteilte: Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen öffentliche Arbeitgeber geeignete schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einladen. Andernfalls sei dies ein Indiz für eine Diskriminierung. Im besagten Fall habe das Land aber plausibel dargelegt, dass die unterbliebene Einladung nicht wegen der Behinderung des Klägers erfolgte. Vielmehr wurden überqualifizierte Bewerber generell nicht eingestellt, da befürchtet wurde, dass es zu »Rangordnungskämpfen« zwischen dem »Neuen« und den übrigen, weniger qualifizierten Beschäftigten komme. Damit sei der Kläger nicht diskriminiert worden. Andere, weniger qualifizierte schwerbehinderte Bewerber hätten zudem an Vorstellungsgesprächen teilgenommen. epd/nd
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in Mainz hatte die Klage abgewiesen. Die abgewiesene Bewerberin habe nicht behauptet, der Logistikleiter habe von ihrer Transsexualität gewusst. Daher habe er sie auch nicht diskriminieren können.
Das BAG urteilte hingegen, auch wenn der Arbeitgeber nicht von der Transsexualität gewusst habe, könne eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Identität infrage kommen.
Es reichten Indizien aus, dass der Bewerber »als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt« wurde. Sei die Benachteiligung »überwiegend wahrscheinlich«, werde eine Diskriminierungsentschädigung fällig.
Das Landesarbeitsgericht Mainz muss nun die mögliche Diskriminierung noch einmal prüfen. epd/nd
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