Abgeordneter Beck in Istanbul festgenommen

Pride Week: Türkische Polizei versucht mit massivem Aufgebot Kundgebung zu verhindern / Wasserwerfer im Zentrum der Stadt positioniert

  • Lesedauer: 3 Min.

Update 17.00 Uhr: Abgeordneter Beck in Istanbul abgeführt - Deutsche festgenommen
Bei der verbotenen Abschlusskundgebung zur »Pride Week« in Istanbul ist der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck von der türkischen Polizei vorübergehend festgenommen worden. Beck soll am Sonntag versucht haben, die Festnahme eines Aktivisten der Homosexuellenbewegung zu verhindern, der im Stadtzentrum eine Erklärung abgeben wollte. Daraufhin führte die Polizei Beck und andere Aktivisten gewaltsam ab, wie ein dpa-Reporter berichtete. Die Polizei ließ den deutschen Abgeordneten nach kurzer Zeit frei.

Die Grünen-Europaabgeordnete Terry Reintke sagte, ihr Mitarbeiter Felix Banaszak und der Sprecher der Grünen Jugend NRW, Max Lucks, seien bei dem Zwischenfall festgenommen worden. Sie habe vergebens versucht, die Festnahmen zu verhindern. »Die Polizisten waren sehr aggressiv.« Der Verbleib der beiden Deutschen war nach dem Zwischenfall zunächst unklar.

»Die Polizei hat mir meinen Pass entrissen und mich geschubst«, sagte Beck. »Es ist ein massiver und willkürlicher Polizeieingriff, den wir hier gesehen haben.« Für eine demokratische Türkei müsse die Tür zur EU zwar offen sein. Allerdings bewege sich der Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan »jeden Tag zwei, drei Schritte von diesem Ziel weg«. Beck sagte mit Blick auf das repressive Vorgehen: »Das ist einfach für eine Kooperation oder eine enge Freundschaft nicht tragfähig.«

Pride Week: Enormes Polizeiaufgebot in Istanbul

Istanbul. Nach dem Verbot der Schwulen- und Lesbenparade in Istanbul will die türkische Polizei mit einem massiven Aufgebot auch das Verlesen einer Erklärung zum Ende der »Pride Week« verhindern. Auf der zentralen Einkaufsmeile Istiklal Caddesi gingen am Sonntagnachmittag zahlreiche Wasserwerfer in Stellung, wie ein dpa-Reporter beobachtete.

In den Seitenstraßen wurden Sicherheitskräfte mit Gasmasken zusammengezogen. Polizisten in zivil patrouillierten die Umgebung. Die türkische Polizei geht regelmäßig mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor.

Der Gouverneur von Istanbul hatte die traditionelle Parade unter Berufung auf Sicherheitsbedenken verboten. Die Organisatoren sagten den »Marsch des Stolzes« zum Abschluss der »Pride Week« daraufhin ab. Sie wollten stattdessen auf der Istiklal Caddesi eine Erklärung verlesen. Daran wollten auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck und die Grünen-Europaabgeordnete Terry Reintke teilnehmen. Als Vertreter der Istanbuler Partnerstadt Köln ist Bürgermeister Andreas Wolter an den Bosporus gereist, um die »Pride Week« zu besuchen.

Beck sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag: »Wir machen uns Sorgen, dass die Rechte von Schwulen, Lesben und Transmenschen (Transsexuellen) hier eingeschränkt werden und es bei dem Thema eine negative Entwicklung gibt.« Der Abgeordnete fügte hinzu: »Wenn es Sicherheitsprobleme gibt, versucht man, gemeinsam mit dem Veranstalter Lösungen zu finden.« Das sei in Istanbul nach seinem Wissen nicht geschehen. »Es scheint schon das Ziel zu sein, die Veranstaltung zu unterdrücken.«

Bereits am Sonntag vergangener Woche hatte die Polizei einen kleineren Marsch von Transsexuellen in Istanbul mit Tränengas aufgelöst. »Den Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas gegen friedliche Demonstranten kann man schlecht mit Sicherheitsbedenken rechtfertigen«, sagte Beck. Am Sonntag wollten die Veranstalter anstelle des Marsches eine Erklärung im Istanbuler Zentrum verlesen. Die Polizei bereitete Barrieren vor. Agenturen/nd

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