LINKE klagt gegen Ceta-Ratifizierung

Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe wird vorbereitet / Debatte im Bundestag zum umstrittenem Freihandelsabkommen beantragt / Wagenknecht kritisiert »selbstherrlichen Brüsseler Arroganz«

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Berlin. Die Linksfraktion im Bundestag will mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ratifizierung des umstrittenen Freihandelsabkommens Ceta mit Kanada vorgehen. Das geplante Abkommen sei »nicht nur politisch falsch, sondern auch verfassungswidrig«, hieß es am Montag in der Linksfraktion. Über den Stand der Klagevorbereitungen wollen am Donnerstag die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch mit dem Verfahrensbevollmächtigten Andreas Fischer-Lescano informieren.

Ende Mai hatten bereits die Nichtregierungsorganisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie angekündigt, in Karlsruhe gegen das zwischen der EU und Kanada geplante Ceta-Abkommen vorgehen zu wollen. Sie riefen Bürger dazu auf, sich im Internet der Klage gegen das Abkommen anzuschließen.

Zugleich kündigte die Linksfraktion an, eine Bundestags-Debatte zur Mitbestimmung des Parlaments über Ceta zu beantragen. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Es ist ein Beispiel genau jener selbstherrlichen Brüsseler Arroganz, die immer mehr Menschen abstößt, wenn Kommissionspräsident Juncker kurz nach der Brexit-Entscheidung verkündet, dass er die nationalen Parlamente beim umstrittenen Ceta-Abkommen umgehen will. Das darf nicht hingenommen werden.«

Die Linke habe für diese Woche eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt. Die Bundesregierung solle sagen, wie sie ein Ratifizierungsverfahren durch Bundestag und Bundesrat mit voller Öffentlichkeit und einem formalen Gesetzgebungsverfahren sicherstellen wolle. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte ein Ja zu Ceta bereits an die Zustimmung des Bundestags wie des Bundesrats geknüpft. Die EU-Kommission war in einer juristischen Analyse dagegen zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vertragswerk nicht der Zustimmung der nationalen Parlamente bedarf. Das hatte breite Kritik hervorgerufen.

Nicht nur Angela Merkel hat sich kritisch zum Vorgehen der EU-Kommission geäußert, die nationalen Parlamente bei der Entscheidung über das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta außen vor lassen will. CDU-Vize-Chef Armin Laschet warf Grünen und der Linkspartei wegen einer ähnlichen Argumentation dagegen vor, nach dem Muster der Rechtspopulisten zu agieren. »Es ist eine gefährliche Stimmungsmache gegen die EU, wenn Grüne und Linke sich nun der Ressentiments der Rechtspopulisten bedienen und behaupten, dass eine Zustimmung des EU-Parlaments für eine Legitimierung von Ceta nicht ausreiche«, sagte Laschet der »Rheinischen Post«. Es sei deren Ziel »nur, das Handelsabkommen mit Kanada kaputt zu machen. Aus dem Brexit haben sie nichts gelernt. Die pauschale Stimmungsmache gegen Brüssel geht weiter«, so Laschet.

Laschet verwies auf die Feststellung der EU-Kommission, wonach Ceta ein reines Handelsabkommen sei. »Das bedeutet, dass das demokratisch gewählte Europäische Parlament und die nationalen Regierungen im Rat zustimmen müssen.« Genau diese Linie der EU-Kommission, wonach es sich bei Ceta um ein Abkommen handelt, das allein in die Kompetenz der Europäischen Union fällt, war aber gerade erst von Politikern wie SPD-Chef Gabriel und auch der Kanzlerin kritisiert worden. Es handele sich hier um »ein hochpolitisches Abkommen«, sagte Merkel am vergangenen Donnerstag. Daher werde die Bundesregierung auf jeden Fall auch den Bundestag mit der Entscheidung befassen.

Aus den Reihen des Europäischen Parlaments gab es weiter Kritik an Juncker: Der stellvertretende Präsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), bescheinigte dem Kommissionschef in der »Bild«-Zeitung vom Freitag eine »völlig unangebrachte Wurstigkeit«. Juncker hatte Kritik am Ceta-Prozedere als »schnurzegal« zurückgewiesen. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, versprach eine kritische Auseinandersetzung mit dem Handelsabkommen. In diese Diskussion sollen auch die Abgeordneten der nationalen Parlamente einbezogen werden, »bevor das Europäische Parlament am Schluss entscheidet«, sagte er dem »Tagesspiegel«. Agenturen/nd

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