Vattenfall streicht Hunderte Jobs in Berlin

Zeitung: Ursache sei Verkauf der ostdeutschen Braunkohle-Sparte / 800 Angestellte könnten in den nächsten Monaten Stellen verlieren

  • Lesedauer: 3 Min.
Etwa 4.500 Mitarbeiter hat Vattenfall in Berlin. Davon könnten nun 800 ihren Job verlieren. Als Grund gibt das schwedische Unternehmen den Verkauf der umstrittenen Braunkohle-Sparte in Ostdeutschland an.

Berlin. Wegen des Verkaufs der ostdeutschen Braunkohle-Sparte und dem schrittweisen Ausstieg aus Stromnetz und Kraftwerken in Hamburg wird der schwedische Staatskonzern Vattenfall einem Zeitungsbericht zufolge in Berlin Hunderte Arbeitsplätze abbauen. Vattenfalls schwedischer Chef Magnus Hall habe einen Stellenabbau in den zentralen Servicebereichen angekündigt, aber noch keine Dimensionen genannt, berichtet die »Berliner Morgenpost«. Vertreter der Angestellten rechneten mit 800 Jobs, die in den nächsten Monaten wegfallen werden.

Von den derzeit noch 4.500 Vattenfall-Mitarbeitern in Berlin würden nach diversen Umstrukturierungen und Zusammenlegungen verschiedener Einheiten 3.700 übrigbleiben, sagte Ver.di-Gewerkschaftssekretär Robin Marks der Zeitung. Die Vattenfall-Aktivitäten konzentrierten sich künftig vor allem im Stromnetz und in der Vattenfall-Wärme, die Berlins Heizkraftwerke betreibt und große Teile der Stadt mit Fernwärme versorgt. Aber auch in den beiden Berliner Kraftwerken solle die Belegschaft von derzeit noch 225 auf 170 Mitarbeiter schrumpfen, hieß es.

Der schwedische Staatskonzern Vattenfall hatte von der Regierung in Stockholm am Wochenende grünes Licht für den Verkauf seiner ostdeutschen Braunkohle-Sparte nach Tschechien erhalten. Zum 31. August 2016 solle der tschechische Energieversorger EPH die Gruben und Kraftwerke in der Lausitz übernehmen. Eine kartellrechtliche Entscheidung der EU-Kommission steht noch aus.

Umweltverbände kritisierten den Verkauf als »schmutziges Geschäft«.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die schwedische Regierung für ihre Zustimmung zum Verkauf von Vattenfalls Braunkohlesparte in der Lausitz. Den Verkauf bezeichnet die DUH als sozial verantwortungslos und ökonomisch fragwürdig. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation fordert die Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens auf, das Geschäft an bestimmte Sicherheiten zu knüpfen, die den sozialverträglichen Wandel in der Region ermöglichen können. Brandenburg und Sachsen müssen bei der Übernahme durch EPH ihre bergrechtliche Zustimmung erteilen.

»Vattenfall hat jahrelang Riesengewinne mit dem Abbau der Braunkohle in der Lausitz gemacht und stiehlt sich jetzt, wo der fossile Energieträger unrentabel wird, aus der Verantwortung für die Region. Der Verkauf der klimaschädlichen Braunkohlesparte ist das falsche Signal für den dringend benötigten Strukturwandel in der Lausitz. Schwedens Regierung gefährdet darüber hinaus durch dieses umweltpolitische bedenkliche Geschäft die Klimaschutzziele Deutschlands«, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Auch Greenpeace fordert, den Verkauf der Kraftwerke und Gruben zu stoppen und diese stattdessen in eine staatliche Stiftung zu überführen, die den Ausstieg organisiert und den Strukturwandel gestaltet. »Wenn Merkel das Pariser Abkommen nicht verraten will, dann muss sie den Vattenfall-Verkauf stoppen und dafür sorgen, dass die Braunkohle im Boden bleibt«, fordert Kaiser.

Brandenburg will Sicherheit von Braunkohlerückstellungen prüfen

Brandenburgs rot-rote Regierungskoalition will prüfen lassen, ob die Kosten für Folgeschäden aus dem Braunkohleabbau bei der öffentlichen Hand hängenbleiben könnten. Dazu wollen SPD und Linke ein Gutachten in Auftrag geben, wie beide Fraktionen am Dienstag erklärten. Es solle geklärt werden, ob es gesetzliche Regulierungslücken bei der Sicherheit der Rückstellungen der Braunkohleunternehmen gebe, sagte Linken-Fraktionschef Ralf Christoffers. SPD-Fraktionschef Mike Bischoff meinte, Brandenburg und Sachsen würden sich intensiv darum kümmern, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Brandenburgs oppositionelle Grüne forderten dagegen einen unabhängigen »Stresstest« für die tschechische EPH-Gruppe, die das deutsche Braunkohlegeschäft des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall kaufen will. Die öffentliche Hand sollte je nach Ergebnis gegebenenfalls Sicherheitsleistungen nach dem Bundesberggesetz einfordern, sagte Fraktionschef Axel Vogel. Das Land müsse dabei darauf drängen, dass richtiges Geld und nicht nur Vermögenswerte wie Kraftwerke oder Braunkohlevorräte hinterlegt werden. Agenturen/nd

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