BUND: Widerstand gegen TTIP und Ceta wächst

Umweltverband stellt Jahresbericht 2015 vor / Weiger: Handelsabkommen werden massive Nachteile für die europäische Landwirtschaft verursachen

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Der Widerstand gegen die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und Ceta wächst weiter. Das bilanziert der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in seinem nun vorgestellten Jahresbericht 2015. Demnach verzeichnete die Umweltschützer im vergangenen Jahr einen Unterstützerzuwachs von rund fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In den kommenden Monaten werde sich der Verband verstärkt dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen Ceta zuwenden, sagte der Verbandsvorsitzende Hubert Weiger bei der Vorstellung des Jahresberichts. »Unter dem Vorwand eines inzwischen fragwürdigen Wirtschaftswachstums gefährden Ceta und auch TTIP bewährte Umweltstandards. Beide Handelsabkommen hebeln nicht nur bewährte demokratische Rechte aus, sie gefährden auch kulturelle und gewerkschaftliche Errungenschaften«, sagte Weiger. Man wolle daher den Protest gegen die Handelsabkommen auf die Straße bringen und am 17. September in sieben deutschen Großstädten demonstrieren. Dem BUND-Vorsitzenden zufolge rechne man mit vielen zehntausend TeilnehmerInnen.

Eine neue Analyse des BUND belege außerdem die massiven Nachteile für die Landwirtschaft in Europa, sollten Ceta und TTIP durchgesetzt werden, so Weiger weiter. Demnach steige der ohnehin bereits hohe Preisdruck auf Agrarerzeugnisse durch die Abkommen weiter. Gefährdet seien schwer erkämpfte Tierschutzstandards, ein Anheben der Schwellenwerte für gentechnische Verunreinigungen von Saatgut sowie Lebens- und Futtermitteln werde wahrscheinlicher und das Höfesterben sich weiter beschleinigen.

»Unter Druck geraten insbesondere die Schweine- und Rindfleischproduktion sowie die Milchwirtschaft. Profitieren werden, wenn überhaupt, nur einige wenige Großbetriebe. Die großen Verlierer sind bäuerliche Agrarbetriebe und die Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks«, sagte die Agrarexpertin und Autorin der BUND-Analyse »Schlechter Deal für EU-Bäuerinnen und Bauern - Gefahren für die europäische Landwirtschaft durch TTIP«, Mute Schimpf.

Aus den inzwischen bekannten TTIP-Dokumenten lasse sich ableiten, dass das in der EU geltende Vorsorgeprinzip von den Verhandlern infrage gestellt werde. Das bisherige Zulassungsverfahren für Produkte, die für die Gesundheit oder die Umwelt potentiell gefährlich seien, solle abgeschafft werden. »Stattdessen sollen die EU-Behörden künftig wie in den USA zunächst eindeutige Beweise für die Gefährlichkeit bestimmter Produkte liefern, bevor irgendwelche Restriktionen erfolgen«, sagt Schimpf. Bevor solche Beweise da seien, könne diese Ware jahrelang auf dem Markt gewesen sein, mit all den möglichen Risiken und Nebenwirkungen.

Im Hinblick auf die unlängst erfolgte EU-weite Zulassungsverlängerung für das Herbizid Glyphosat, sagte Weiger: »Viele Menschen sind gegen eine chemiebasierte Agrarindustrie, sie wünschen sich eine andere Landwirtschaft und wollen umweltfreundlich arbeitende Agrarbetriebe, die gesunde und regional erzeugte Lebensmittel produzieren. Die Politik muss diesen Paradigmenwechsel endlich anerkennen und fördern anstatt dubiosen sogenannten Freihandelsabkommen zum Durchmarsch zu verhelfen.«

Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erneuerte die Forderung seiner Partei die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen einzustellen. Es sei an der Zeit die Reißleine zu ziehen. TTIP habe keine Zukunft, sagte Hofreiter der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ). »Dieses TTIP torpediert den Verbraucherschutz, schafft Klageprivilegien für Konzerne und befeuert das Höfesterben in der Landwirtschaft«, kritisierte der Grünen-Politiker. Als Reaktion auf das Bekanntwerden neuer Dokumente aus den Verhandlungen zum Bereich Energie, forderte Hofreiter die Bundesregierung auf, endlich einzugestehen, dass es »ein Fehler war, in Hinterzimmern ein undemokratisches und intransparentes Abkommen ausdealen zu wollen«.

Zuvor hatte die Umweltorganisation Greenpeace Verhandlungsunterlagen zum Bereich Energie ins Internet gestellt, wonach beim Zugang zu Netzen nicht zwischen Energiearten unterschieden werden soll. fbr/nd

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