Es ist immer ein schmaler Grat

Tabea Kemme im Gespräch über ihre Stadionerfahrung als Polizistin und ihre Olympiateilnahme

  • Niklas Noack
  • Lesedauer: 3 Min.

Herzlichen Glückwunsch zur Olympiateilnahme. Bis vor Kurzem waren Sie im Trainingslager mit dem DFB-Team. Wie lief es dort?
Das Trainerteam war sehr zufrieden. Natürlich war die Anspannung ein bisschen höher, weil die Nominierung anstand. Aber dennoch sind wir, nach dem, was der Athletiktrainer sagt, sehr gut im Plan. Sogar ein bisschen drüber hinaus. Wir haben auch viele Spiele gegen Jungs gemacht, die sehr lehrreich waren. Es waren gute, aber anstrengende Tage.

Was bedeutet Ihnen die Olympianominierung?
Es ist ein Riesenhighlight. Ich kann kaum noch erwarten, dass es losgeht. Ich fiebere jetzt schon auf den Abflug hin. Die Einkleidung wird zuvor noch mal ein Highlight werden. Wir sind ja schließlich Frauen!

Zur Person

Tabea Kemme ist für die Olympiaauswahl nominiert worden. Die 24-jährige Abwehrspielerin spielt seit der B-Jugend für den 1. FFC Turbine Potsdam. Mit dem Verein wurde die 28-fache Nationalspielerin schon viermal Deutscher Meister, 2010 gewann sie mit Turbine die Champions League. Für »nd« sprach Niklas Noack mit der Fußballerin und angehenden Polizeikommissarin.

Ich habe gelesen, dass Ihnen die Olympischen Spiele wichtiger sind als EM oder WM?
Das stimmt. Fußballerisch sind natürlich WM und EM schon »on top«. Doch das Sportartübergreifende macht Olympia für mich viel interessanter, weil ich gerne über den Tellerrand schaue. Es ist ein besonderes Gefühl, im Olympischen Dorf, zu wohnen: Aber um das zu erleben, müssten wir das Finale erreichen.

Während die DFB-Frauen sich konzentriert auf das Turnier vorbereiten konnten, musste Männertrainer Horst Hrubesch um seine Spieler fast betteln. Wie finden Sie den Umgang der Männer mit Olympia?
Das ist noch mal was ganz anderes im Männerfußball. Geld spielt eine große Rolle und die Professionalität. Es ist klar, dass die Vereine auf ihre Spieler zurückgreifen wollen - gerade in der Vorbereitung. Aber wenn ich mir vorstelle, ich hätte mir als Spieler Olympia zum Ziel gesetzt und der Verein würde dem entgegenstehen, das wäre schon schwierig. Das wäre sehr unangenehm - für den Spieler wie auch für die Vereinsverantwortlichen.

Wie schätzen Sie die spielerische Qualität der Männer-EM ein?
Wenn man die tiefstehenden Mannschaften bei dieser EM gesehen hat, wie sie dann auf Konter spielten, war es für den Zuschauer nicht unbedingt das Schönste. Es ist natürlich besser anzuschauen, wenn zwei offensive Mannschaften aufeinander treffen. Aber das war eben eine EM der Systeme.

Also eine EM der defensiven Systeme!
Ja genau. Wer ist cleverer? Wer weiß am besten, was seine eigenen Stärken sind? Wer setzt die richtigen Prioritäten?

Sie sind auch Polizeibeamtin?
Ja, aber noch auf Widerruf.

Und Sie wurden bereits bei Babelsberg-Spielen eingesetzt. Was ist das für ein Gefühl, im eigenen Stadion als Beamtin zu stehen?
Es war ein Auswärtsspiel beim BFC Dynamo in Berlin. Ich wollte dabei mal die andere Seite des Fußballs sehen. Und ich war schon negativ überrascht. Es war der letzte Spieltag, es ging um nichts, aber was da für ein Polizeiaufgebot herangezogen werden musste! Für nur 4000 Zuschauer.

Viele sagen, dass gerade ein großes Polizeiaufgebot die Fanlager noch zusätzlich provozieren kann.
Durchaus, das ist immer ein schmaler Grat. Wenn die Fans sich beispielsweise abends noch irgendwo in der Kneipe treffen, sollte man sie Ruhe lassen.

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