Irakischen Christen droht Abschiebung

Großfamilie erhält in Sachsen Kirchenasyl

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Herrnhut. 17 Mitgliedern einer irakischen Großfamilie, die sich im Kirchenasyl im sächsischen Herrnhut (Kreis Görlitz) befinden, droht die Ausweisung. Aus Tschechien sei der Familie signalisiert worden, sie wegen »vermeintlicher Undankbarkeit« zurück nach Irak abschieben zu wollen, teilte die Evangelische Brüder-Unität mit. »Eine Abschiebung kann für die Mitglieder dieser - bewusst christlich-orthodoxen - Familie lang andauernde Haft, Folter oder gar den Tod nach sich ziehen.« Deshalb habe man den Irakern vor gut einer Woche den Weg ins Kirchenasyl eröffnet.

Die Familie, darunter acht Kinder, war gemeinsam mit weiteren christlichen Irakern im Februar in einem Vorzeigeprojekt der tschechischen Regierung aus Irak ausgeflogen worden. Da sie sich in Tschechien aber nicht willkommen fühlten, waren sie nach Sachsen weitergereist und hatten in Deutschland Asyl beantragt. Der Antrag war vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Hinweis auf die Zuständigkeit Tschechiens für unzulässig erklärt und ihre Abschiebung dorthin angeordnet worden.

Die Behörden in Prag rechnen mit der Rückführung der Iraker. Sie sollten anschließend »wie andere illegal eingereiste Flüchtlinge« in ein geschlossenes Aufnahmezentrum gebracht werden, so das Innenministerium in Prag. »Wir werden wissen wollen, ob die Gruppe sich für die Rückkehr in ihre Heimat entscheidet oder in Tschechien erneut Asyl beantragt«, hatte Innenminister Milan Chovanec mitgeteilt. Für das tschechische Pilotprojekt der Organisation Generation 21 hatte die Weiterreise der Iraker nach Deutschland gravierende Folgen. Prag stoppte die Aufnahme weiterer notleidender Familien aus Nordirak. Ursprünglich sollten bis zu 153 Christen umgesiedelt werden. Für die irakischen Familien, die bereits in Tschechien leben, läuft das Programm weiter.

Es gehe nicht darum, mit dem Kirchenasyl die Rückführung der Familie nach Tschechien »prinzipiell« zu verhindern, erklärte der Asylbeauftragte der Brüdergemeine, Andreas Tasche, sondern um die drohende Abschiebung nach Irak. Jedoch seien Erfahrungen, die Iraker als Asylbewerber in Tschechien machen mussten, ebenfalls nicht dazu angetan gewesen, »ihnen neuerlich ein Asyl in Tschechien zuzumuten«.

Laut Dublin-Verordnung ist das erste EU-Land, das Flüchtlinge aufnimmt, für das Asylverfahren zuständig - aber befristet. Die Frist läuft nach Angaben der Landesdirektion Sachsen für die Iraker im Kirchenasyl am 23. Dezember ab. Danach könnten sie in Deutschland Asyl beantragen. dpa/nd

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