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Trotz alledem?

Sport im TV in Zeiten der Krise: Was kommt nach Rio?

  • Lesedauer: 3 Min.

Herr Gottlob, Herr Frey, angesichts von Zika, Terror, Doping und Organisationschaos rückt der Sport in Rio ziemlich in den Hintergrund. Freuen Sie sich auf die Spiele?

Frey: Trotz allem! Sport findet in einer Welt statt, die so ist wie sie ist. Olympia als größtmögliche Bühne öffentlicher Aufmerksamkeit ist da besonders betroffen. Gleichwohl geben wir uns Mühe, die Spiele vor allem sportlich zu transportieren.

Gottlob: Der Sport bleibt im Mittelpunkt. Und 340 Stunden im Fernsehen plus 1000 im Livestream könnte man gar nicht ohne Freude an der Sache präsentieren. Dennoch werden wir über das, was rechts und links davon politisch, wirtschaftlich, kulturell passiert, mit gleicher Hingabe berichten.

Sind sportliche Großereignisse politischer geworden?

Frey: Ich fürchte, ja. Der politische und ökologische Preis, die Spiele in Sotschi zum Erlebnis im Sinne Putins zu machen, war gigantisch. Weil immer mehr Regime die Spiele als Bühne ihrer Propaganda nutzen wollen, wird es umso schwerer, demokratische Gastgeber zu finden. Aber selbst die Spiele in München hatten 1972 einen politischen Auftrag: der Welt zu zeigen, wie sich das neue Deutschland verändert hat.

Gottlob: Wobei München durch den Anschlag aufs israelische Team politischer wurde als je zuvor in der Nachkriegszeit.

Frey: Falls sie je existierte, hat Olympia damals seine Unschuld verloren.

Gottlob: Die Olympischen Winterspiele in zwei Jahren in Pyeongchang, die Sommerspiele 2020 in Tokio oder die Winterspiele 2022 in Peking werfen von Umweltschutz bis Menschenrechte Riesenprobleme auf. Ich sage nicht, dass die Spiele in China etwas verbessert haben, aber unsere Berichterstattung hat für Aufmerksamkeit weit über den Sport hinaus gesorgt.

Worin werden sich die Spiele in Rio sportlich wie politisch von vorigen unterscheiden?

Frey: Falls das Wort noch erlaubt ist: sie findet erstmals in einer Metropole der Dritten Welt statt. Da hat die WM 2014 gezeigt, dass solch ein Turnier Armut bekämpfen kann. Und auch, wenn sie lange nicht im Zeitplan war: die U-Bahn zu den Sportstätten in Rio wird später den Carioçasals als wichtiges Transportmittel dienen.

Gottlob: Sportlich kommen mit Golf und Rugby zwei Sportarten hinzu, wobei ersteres schon deshalb nicht richtig ankommt vor Ort, weil dafür ein Naturschutzgebiet planiert wurde. Auch sonst hab ich nicht das Gefühl, die Bewohner können vor Vorfreude nicht einschlafen; aber wenn es so weit ist, wird die Leidenschaft der Menschen dort schon durchbrechen.

Frey: Und das wird dann auch auf uns abstrahlen.

Dennoch sind diese Spiele die letzten, die im öffentlich-rechtlichen TV exklusiv übertragen werden. Die Übertragungsrechte für die Winterspiele 2018 hat sich der private Medienkonzern Discovery gesichert.

Frey: Wir sind in Verhandlungen über die Zweitnutzung mit dem Rechteinhaber Discovery, werden dieses Jahr aber vorerst zum letzten Mal so aus den Vollen schöpfen - auch, um den Leuten zu zeigen, was wir im Vergleich mit den Privatsendern können.

Klingt da Trotz durch oder doch Wehmut?

Frey: Weder noch. Aber Stolz auf das, was meine Sportkollegen bisher geleistet haben.

Gottlob: Für beides gibt es auch noch keinen Anlass, im Gegenteil, ich freue mich darauf, endlich das auf die Straße zu bringen, was wir seit drei Jahren planen.

Frey: Weil ARD und ZDF die Olympischen Spiele von Beginn an durch Qualität nicht nur im eigenen Land groß gemacht haben, gehen wir mit Selbstbewusstsein in die Verhandlung.

Die aber gerade festgefahren sind.

Gottlob: Die Verhandlungen sind schwierig, aber wir sind weiter im Gespräch.

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