Kreislauftonikum statt EU-Zuschuss

Wie Thüringen öffentliches Beteiligungskapital für die Wirtschaft zur Verfügung stellt

  • Lesedauer: 3 Min.
Thüringen hält Anteile an einer Reihe von kleinen, aber auch einigen großen Unternehmen. Das ist nicht unumstritten, hat sich in den vergangenen Jahren aber gelohnt. Allerdings nicht für die Landeskasse.

Erfurt. Der Verkauf von Unternehmensbeteiligungen hat dem Freistaat Thüringen in den vergangenen vier Jahren Einnahmen von rund 35 Millionen Euro beschert. Der Millionenerlös sei allerdings nicht in die Landeskasse, sondern zurück in Fonds der Thüringer Aufbaubank geflossen, teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage mit. Für die Einnahmen sorgte neben dem Verkauf einiger kleinerer Beteiligungen auch ein größeres Aktienpaket der Analytik Jena AG, das an die Schweizer Endress+Hauser Gruppe ging.

Das Geld werde genutzt, um bestehende Beteiligungsfonds aufzufüllen oder neue aufzulegen, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Das Land schließe damit eine Lücke bei der Unternehmensfinanzierung, weil es in Ostdeutschland an privaten Kapitalgebern fehle. »Wir wollen dazu beitragen, dass zukunftsträchtige, innovative Unternehmen ihren Finanzierungsbedarf decken und damit hier am Standort wachsen und neue Arbeitsplätze schaffen können«, erläuterte Tiefensee. Zudem gehe es darum, strukturbestimmende Unternehmen zu sichern.

Die Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH, eine Tochter der Aufbaubank und damit der Förderbank des Landes, verfügt laut Tiefensee derzeit über sechs verschiedene Fonds. Sie richteten sich ebenso an Firmengründer wie an etablierte Unternehmen. Derzeit werden dem Minister zufolge 49 Firmenbeteiligungen gehalten. Das dafür investierte Kapital summiere sich auf fast 126 Millionen Euro. Das rot-rot-grün-regierte Thüringen sei nach einer Studie damit nach Bayern das Bundesland, das das meiste öffentliche Beteiligungskapital für die Wirtschaft zur Verfügung stelle.

Zu den Beteiligungen des Landes gehören nach Angaben der Aufbaubank-Tochter große Unternehmen wie die börsennotierte Jenoptik AG (Jena), der Werkzeugmaschinenbauer Samag GmbH (Saalfeld) oder der Erfurter Software-Anbieter PDV Systeme GmbH. Das Spektrum reiche weiter bis zur Pastarie GmbH (Erfurt), einem Internet-Shop für Pasta, oder auch dem Medienunternehmen Bach Technology GmbH (Ilmenau).

Ende 2015 wurden zwei neue Fonds aufgelegt. Dabei verfügt der Thüringer Start-up-Fonds über ein Kapital von 18,75 Millionen Euro und der Wachstumsbeteiligungsfonds über 37,5 Millionen Euro. Beide vergeben Kapitalspritzen an kleine und mittlere Firmen. Bisher haben die beiden Fonds, die bis 2020 laufen sollen, acht Firmenbeteiligungen übernommen.

Tiefensee sieht darin eine Form der Wirtschaftsförderung, deren Stellenwert in den nächsten Jahren zunehmen werde. Die Förderung über direkte Zuschüsse für Investitionen gehe unter anderem mit dem Ende der EU-Sonderprogramme für die neuen Länder zurück.

Eine Alternative seien Beteiligungsfonds, die Geld aus erfolgreichen Verkäufen wieder aufnehmen - wie in einer Art Kreislaufsystem. »Mittel, die wir in den Aufbau junger, erfolgreicher Firmen stecken, fließen später wieder an das Land zurück und kommen dann neuen Investitionsvorhaben zugute«, erklärte der Minister. »Wir werden dieses Instrument weiter ausbauen.« Es setzt allerdings voraus, dass die Firmen erfolgreich sind und nicht ins Trudeln geraten. dpa/nd

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