Verheerende Luftschläge in Jemen

Von Riad geführte Militärallianz tötet Kinder und Fabrikarbeiter

  • Oliver Eberhardt, Kairo
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Samstagnachmittag veröffentlichten die Huthi-Milizen im Internet Bilder von blutüberströmten, toten Kindern, die von Trümmern umgeben in einem Gebäude liegen. Zehn tote Kinder und 28 Verletzte, alle unter 15 Jahren, seien in eine Klinik der Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« eingeliefert worden, sagte deren Sprecherin Malak Schaher. Die von Saudi-Arabien dominierte internationale Militärallianz hatte zuvor in der im Nordwesten des Landes gelegenen Provinz Saada eine Koranschule angegriffen.

Es war bereits der zweite verheerende Angriff auf ein ziviles Ziel innerhalb weniger Tage: Zuvor hatten Kampfflugzeuge erstmals seit Monaten wieder auch Sanaa angegriffen und dabei eine Lebensmittelfabrik zerstört. Mindestens 14 Menschen starben. Gleichzeitig wurde der Flughafen der offiziellen Hauptstadt, die sich allerdings unter Kontrolle der Huthi-Milizen befindet, geschlossen. Bislang konnten Hilfsorganisationen Hilfsgüter über den Flughafen in die Region schaffen. Transporte über die Grenze nach Saudi-Arabien werden von den dortigen Behörden nur sehr selten erlaubt.

Fahrten aus den Gebieten unter Kontrolle der Regierungstruppen sind ebenfalls kaum möglich. Denn nach dem Scheitern der Waffenstillstandsverhandlungen in Kuwait Anfang vergangener Woche haben die Militäreinheiten und Milizen, die auf Seiten der international anerkannten Regierung von Präsident Abedrabbo Mansur Hadi kämpfen, eine Landoffensive gegen die Huthi-Milizen und ihre Verbündeten begonnen.

Die von Iran unterstützen Huthis, die Ende Juli mit dem Allgemeinen Volkskongress, der politischen Partei des Ex-Präsidenten Ali Saleh, die Bildung einer Schattenregierung vereinbart haben, beriefen indes in Sanaa das Parlament zur ersten Sitzung seit zwei Jahren ein. Gut 100 der 301 Abgeordneten erschien; die Bildung der Alternativregierung wurde einstimmig bestätigt. Zugleich wurde bekannt, dass Präsident Hadi die Kontrolle über die Staatsfinanzen verloren habe. In einem Brief an den Internationalen Währungsfonds (IWF) bittet Premierminister Ahmed bin Dagher darum, die Konten zu sperren.

In einem von einer Expertengruppe für den UN-Sicherheitsrat verfassten Bericht heißt es, die Huthi bezahlten ihre Rechnungen in Höhe von 100 Millionen Dollar im Monat aus den Regierungskassen. In den Gebieten unter Kontrolle der Hadi-Regierung seien die öffentlichen Bediensteten, aber auch die Soldaten, schon seit Monaten nicht mehr bezahlt worden. Mitte 2015 hatten gut 40 Prozent der Truppen auf Seiten Salehs und der Huthi gestanden; seitdem haben weitere Einheiten öffentlich ihren Seitenwechsel erklärt.

Die Vereinten Nationen werfen allen Beteiligten vor, das Völkerrecht zu verletzen. Im UNO-Bericht wird dabei explizit auch die Militärallianz erwähnt, die seit März 2015 in Jemen aktiv ist. Bei mehreren Angriffen seien nachweisbar gezielt zivile Ziele ohne jeglichen militärischen Bezug bombardiert worden. Saudi-Arabien und seine Verbündeten werden von den USA unterstützt: Zuletzt hatte die Obama-Regierung die Lieferung von Panzern und Waffen im Wert von 1,15 Milliarden US-Dollar gebilligt.

Den Huthi-Milizen wird indes vorgeworfen, Kämpfer und Waffen bewusst in der Nähe ziviler Einrichtungen zu stationieren. Außerdem setze die auch als Ansarallah bekannte Gruppierung Kindersoldaten ein. Die von Iran unterstützte schiitische Organisation - wobei unbekannt ist, wie umfangreich diese Unterstützung ist - fordert eine stärkere Repräsentierung der schiitischen Minderheit im Regierungssystem.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal