Streit um Hilfsaktionen

Israel: Lieberman verbietet Armee Flüchtlingssolidarität

  • Lesedauer: 2 Min.

Jerusalem. Menschenrechtsgruppen, Opposition und ein Teil der Presse bezichtigten Israels ultranationalistischen Verteidigungsminister Avigdor Lieberman des Rassismus. Beifall erhielt er derweil aus dem dem rechten Regierungslager: Soldaten sollten in ihrer Freizeit lieber bedürftigen Israelis helfen und nicht illegal Eingewanderten.

Im Raum Tel Aviv stationierte Einheiten der israelischen Streitkräfte hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Initiativen von Soldaten gefördert, die sich mit Freizeitangeboten und Bildungsmaßnahmen an dienstfreien Tagen um Kinder von Flüchtlingen kümmerten. Laut Presseberichten forderte Lieberman Generalstabschef Gadi Eisenkot auf, diese Aktivitäten zu unterbinden.

Sein Ministerium erklärte dazu auf Anfrage, Lieberman sei der Ansicht, Armeeangehörige sollten sich auf Aktivitäten beschränken, welche allgemeinen Konsens finden. Wohltätigkeit beginne »zu Hause« und Soldaten sollten sich in ihrer Freizeit deshalb lieber um Holocaust-Überlebende oder verarmte Landsleute kümmern.

Die Parlamentsabgeordnete Nava Boker aus der Likud-Fraktion von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu pflichtete bei: »Die Aufgabe von Soldaten ist der Dienst für die Landesbewohner.« Den Kindern von illegal Eingewanderten zu helfen, sei deshalb »absurd«, erklärte sie. Ron Huldai, Bürgermeister von Tel Aviv und Mitglied der Arbeitspartei, hielt dagegen: »Wir können das Los von Kindern, die unter uns leben, doch nicht einfach ignorieren.« Und sein Parteifreund Amir Peretz, ein früherer Verteidigungsminister, riet seinem Nachfolger, »er solle nachlesen, was die jüdische Tradition uns für den Umgang mit den Fremden aufträgt«.

Die linksliberale Tageszeitung »Haaretz« kommentierte, Lieberman habe »einen neuen persönlichen Rekord an Rassismus, moralischer Abscheulichkeit und Grausamkeit aufgestellt«.

In Israel leben rund 50 000 Asylbewerber und Wirtschaftsflüchtlinge, die fast alle aus Eritrea oder Sudan stammen und über die ägyptische Halbinsel Sinai ins Land kamen, bevor diese Landgrenze vor vier Jahren durch Sperranlagen verschlossen wurde. AFP/nd

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