Verliehen und verschoben

Grit Gernhardt ärgert sich über die Behandlung von Leiharbeitern

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 1 Min.

Leiharbeiter werden besonders von Großbetrieben gern als Verschiebemasse benutzt. In Urlaubs- oder Hochkonjunkturzeiten können sie flexibel eingesetzt und anschließend wieder spurlos aus der Belegschaft entfernt werden. Sie haben weniger Rechte als fest angestellte Mitarbeiter - und kosten weniger. Deswegen dienen sie in vielen Firmen als Einsparpotenzial. Fast eine Million Zeitarbeiter sind in bundesdeutschen Betrieben beschäftigt, besonders in körperlich anstrengenden Branchen wie dem Maschinen- oder Fahrzeugbau.

Was die Unternehmer komplett ausblenden: Leiharbeiter sind keine Verschiebemasse und auch kein Einsparpotenzial, sondern oft hoch qualifizierte und gut ausgebildete Beschäftigte. Sie haben Familien, die sie ernähren, Rechnungen, die sie bezahlen, und Kredite, die sie bedienen müssen. Eine Anstellung als Zeitarbeiter drängt sie allzu oft in den Niedriglohnbereich, als Aufstocker zum Arbeitsamt und in eine ökonomisch unsichere Zukunft, die auch psychologisch verheerend sein kann. Und nicht einmal die Hoffnung auf Festanstellung versüßt ihnen die schlechten Bedingungen: Die Aussichten auf eine Übernahme sind gering.

Solange der Gesetzgeber es jedoch den Unternehmen erleichtert, die Stammbelegschaft sukzessive abzubauen und Leiharbeiter finanziell und arbeitsrechtlich schlechterzustellen, wird sich am Grundproblem nichts ändern. In den Betrieben herrscht längst eine Zweiklassengesellschaft - in der alle verlieren.

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