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Syrien bleibt ein Hoffnungsschimmer

Waffenruhe weitgehend eingehalten / Kerry sieht darin »die vielleicht letzte Chance« für das Land

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Waffenruhe in Syrien hielt erst einmal. Die üblichen gegenseitigen Beschuldigungen, die Feuerpause verletzt zu haben, gab es auch diesmal; so wie es auch diesmal erklärte und wohl noch mehr heimliche Gegner der Abmachung gab. Aber es fühlte sich offensichtlich keiner mächtig genug, das Diktat der Großmächte Russland und USA offen zu unterlaufen. Auch nicht die Türkei.

In fast allen Teilen Syriens konnte so das Opferfest Eid al-Adha, das höchste islamische Fest, ohne Kriegshandlungen begangen werden. Nach 48 Stunden, so sie ruhig bleiben - auch das entscheiden Moskau und Washington - soll die Feuerpause auf eine Woche verlängert werden. Es ist das gleiche Szenario wie bei früheren Agreements, geschafft wurden die sieben Tage Waffenruhe allerdings nie. US-Außenminister Kerry warnte, diese Vereinbarung könne »die vielleicht letzte Chance« sein, Syrien zu retten.

Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad hatte am Montag erklärt, sein Ziel bleibe die »Säuberung des gesamten syrischen Territoriums von Terroristen«. Sollten damit ausnahmslos alle bewaffneten, gegen die Regierung kämpfenden Milizen gemeint sein, ist er davon weit entfernt - und dennoch näher als jemals seit 2012.

Auf jeden Fall spricht manches für Assad. Russland scheint entschlossen, seine massive Unterstützung für Damaskus fortsetzen zu wollen. Assads türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan hat seine Forderung nach einem Sturz Assads öffentlich fallen gelassen, wohl weil ihm die Verhinderung einer kurdischen Entität auf syrischen Boden wichtiger ist. Da ist er mit Assad auf einer Linie. Und mit den Russen mag sich Erdogan wohl derzeit auch nicht anlegen.

Doch auch wenn einige Oppositionsgruppen den Waffenstillstand einhalten - zähneknirschend, weil er diesmal Assad nicht zu schaden scheint -, so ist das noch kein Grund für mehr als vorsichtigen Optimismus. Es haben sich weniger als zehn von etwa 100 bewaffneten irregulären Formationen zur Feuerpause erklärt. Die Führer von etwa 40 000 Bewaffneten haben sich dazu gar nicht oder ablehnend geäußert. Und solange sich ihre Sponsoren aus Katar, Saudi-Arabien, der Türkei oder den Emiraten nicht explizit für ein Kriegsende aussprechen, können sie es auch weiter so halten. Die Crux ist, wie es Ex-Bundeswehrgeneral Harald Kujat im rbb-Inforadio ausdrückte, dass es »zu viele unterschiedliche Interessen und viel zu viele Spieler auf diesem Schlachtfeld« gibt.

Aber, so Kujat, »ein wichtiger Aspekt dieser Vereinbarung ist, dass nun alle gezwungen sind, Farbe zu bekennen«. Alle Rebellengruppen müssten jetzt sagen, ob sie bereit seien, an einer politischen Lösung mitzuarbeiten, oder ob sie weiter kämpfen wollten. Seite 4

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