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Wann ist Sexismus Sexismus?

»Aufschrei«-Gründerin Wizorek begrüßt Diskussion über Frauenfeindlichkeit

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 3 Min.

Ist es Sexismus, wenn ein Parteivorsitzender eine junge Parteikollegin als »große süße Maus« bezeichnet? Nach dem offenen Brief der Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends geht die Debatte über frauenfeindliche Sprüche am Arbeitsplatz weiter. Die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Nadine Schön unterstützte das Anliegen von Behrends: Sexismus müsse sowohl in der Partei, als auch in der ganzen Gesellschaft stärker diskutiert werden, sagte sie am Montag im »Deutschlandfunk«.

In dem Brief hatte Behrends sexistische Vorfälle in der CDU angesprochen. Unter anderem soll Berlins scheidender Innensenator Frank Henkel sie auf einem Parteitag als »große süße Maus« bezeichnet haben. Schön findet nicht, dass diese Äußerung eindeutig sexistisch ist - vielmehr falle sie in einen »Graubereich«. Widerspruch erntete Schön von der Bloggerin Anne Wizorek, die vor drei Jahren die Aufschrei-Debatte mitausgelöst hatte. Würde ein männlicher Kollege von Henkel auch »große süße Maus« genannt werden? Wohl kaum. »Insofern ist das kein Graubereich, sondern Sexismus«, kommentierte Wizorek ebenfalls im »Deutschlandfunk«. Dass es vonseiten der Berliner Frauen-Union klare Zeichen der Entsolidarisierung gebe, finde sie »erschreckend«. »Hier sehen wir, wir stark verinnerlichter Sexismus ein Problem ist«, so die Bloggerin.

Die Vorsitzende der Frauen-Union in Berlin Mitte, Sandra Cegla, hatte schon am Freitag gegenüber »BILD« behauptet, Behrends sei eine »zweifelhafte Persönlichkeit«, die »Intrigen« spinne. Die Vorwürfe wiederholte die Politikerin am Montag. Die Parteikollegin habe mehrfach »ihre weiblichen Reize spielen« lassen und »den Männern halb auf dem Schoß« gesessen, sagte Cegla der »Berliner Zeitung«. Als Reaktion auf diese Äußerung gab es Behrends zufolge zwei Rücktritte aus dem Vorstand der Frauen Union in Mitte. Anja Pfeffermann begründete ihren Schritt auf Facebook mit ihrer Kritik an Ceglas Ausführungen in den Medien: »In einer solchen Angelegenheit MÜSSEN wir zunächst den Blick auf die erhobenen Vorwürfe richten und nicht in erster Linie die Glaubwürdigkeit unserer FU-Kollegin anzweifeln und mutwillig untergraben.«

Unterstützung erhielt Behrends von der Bundesfamilienminiserin Manuela Schwesig. Die SPD-Politikerin verurteilte Sexismus im Alltag und am Arbeitsplatz. Sexistische Sprüche und sogenannte Herrenwitze seien »nicht nur altmodisch, sondern völlig inakzeptabel«, sagte die SPD-Politikerin am Montag. »Es ist gut und mutig, wenn Frauen das offen ansprechen.«

Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte am Wochenende eingeräumt, dass es sowohl in der Partei, als auch in der Gesellschaft ein Problem mit Sexismus gebe. »Geschichten wie diese bekomme ich immer wieder geschildert. Aber ohne Nennung von Namen«, sagte Tauber der »Bild am Sonntag«. Es sei wichtig, dass es jetzt eine Debatte gebe.

Frank Henkel selber hat sich zunächst kaum geäußert. Auf eine Anfrage des »Tagesspiegel« hatte er am Freitag lediglich mitteilen lassen, er sei »enttäuscht über Inhalt und Stil des Briefes«. Der Noch-Innensenator zeigte sich für Gespräche offen, laut Behrends habe er sich jedoch noch nicht bei ihr gemeldet.

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