Wenn die Recherchen wuchern

An der Schaubude feiert an diesem Freitag das Alzheimerstück »Mausetot« seine Premiere

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Tierlabor geht was vor. Und genau das gefällt Dr. Alma Friedländer als Chefin gar nicht. Der junge Postdoktorand Robert Pieper gestaltet auf eine für sie merkwürdige Weise seine Arbeit. Der junge Mann mag klug sein. Eine Hilfe sieht sie in ihm aber erst einmal nicht. Eher befürchtet sie, dass er den Ernst der Sache nicht erfasst hat und ihre wissenschaftliche Arbeit durch seine Art des Mäusezirkus› beeinträchtigen könnte. Er dagegen denkt durchaus, er würde mit seinen Methoden schneller in der Forschung vorankommen.

Die beiden arbeiten an einem Alzheimerforschungsprojekt unter klaren Bedingungen: Es wird nur ein Jahr finanziert, Erfolg ist Pflicht. Der Druck nimmt ständig zu. Zum Künstlerleben ließen sich da durchaus Parallelen sehen, sagt Wera Herzberg. »Es ist dasselbe Dilemma«. Bekommt man für eine Produktion Geld, muss sie auch in einem festgelegten Zeitraum raus auf die Bühne. In diesem Fall wird es die der kooperierenden Schaubude sein, dem Theater für Puppen, Figuren, Objekte.

Eine befreundete Wissenschaftlerin hatte Wera Herzberg auf die Idee für das Stück »Mausetot« gebracht, in dem es um das besagte Alzheimerforschungstierlabor geht. Eigene Nachforschungen begannen. Die Künstlerin Herzberg, erfahren als Schauspielerin, Regisseurin und Autorin, informierte sich intensiv über die Alzheimerkrankheit, holte sich bei Dr. Cornelia Schroeder wissenschaftlichen Rat zur Forschung auf diesem Gebiet und besuchte ein Tierlabor im Max-Planck-Institut.

Die Recherchen wucherten: »Mir schwirrte der Kopf!« Inzwischen wusste sie so viel, dass die notwendige künstlerische Distanz verloren zu gehen drohte, weil ihr alles, was sie erfahren hatte, überaus wichtig erschien. Das erkannte Wera Herzberg im richtigen Moment und suchte eine weitere Verbündete. Sie empfand es als Glücksfall, dass Gabriele Hänel vom Theater o.N. sich für die Regie des Stücks gewinnen ließ, während sie sich schauspielerisch fortan als Laborchefin Alma zusammen mit Otwin Biernat als ihr Helfer Robert auf die Inszenierung konzentrieren konnte.

Sicher, manchmal knurrte sie schon mal leise über dadurch entstandene inhaltliche Veränderungen ihres Stücks, erzählt sie lachend. Aber sie akzeptiert das, denn sie schätzt Gabriele Hänel als eine »Verwandlerin«. Hänel verstehe es als Regisseurin auf eine besondere Art, »Ideen zu drehen«. Das komme dem Stück zugute. Inhaltlicher Schwerpunkt sei ja auch nicht die Alzheimerkrankheit, sondern die Überforderung, die sich einstellen kann, wenn man unter großem Zeitdruck steht. Für Live-Musik und Klänge während der Inszenierung schloss sich ihnen der bekannte Komponist Dietrich Petzold an, für Bühne und Kostüme zeichnet ÄNN Berlin verantwortlich. Seit Mitte August wurde intensiv für die vom Berliner Kultursenat geförderte Produktion geprobt. Der Druck nahm zu. Die Zeit ist ‹rum. Jetzt muss es raus.

Premiere am 30. September um 20 Uhr, danach wieder am 1. und 2.10. um 19 Uhr in der Schaubude, Greifswalder Str. 81, Prenzlauer Berg

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