Alles nur Symbolik
Uwe Kalbe über Zeremonien zum Tag der Deutschen Einheit
Wer die Einheitsfeierlichkeiten so symbolisch versteht, wie sie gemeint sind, kann zwischen Absperrungen und Polizeikontrollen in diesem Jahr ins Grübeln kommen. Nachdem der Bericht zum Stand der Deutschen Einheit im Osten den seit 26 Jahren bedrohlichsten Zuwachs fremdenfeindlicher Übergriffe konstatiert, bietet der Osten nun das Aufmarschgebiet für eine Machtdemonstration des Staates. Oder für eine Solidaritätsbekundung mit der schweigenden Mehrheit der Bevölkerung, die mit diesen Übergriffen nichts am Hut hat? Grübeln über Symbolik ...
Den Ursachen der Misere wird man sich an diesem Tag nicht nähern. Im Gegenteil ist zu erwarten, dass Loblieder auf die Einheit die Glaubwürdigkeit der Politik weiter lädieren, deren Verlust doch zumindest einen Teil der Frustration im Osten gerade erklärt. Dem anderen, dem irrationalen Teil der Frustration über angeblich unkontrollierte Zuwanderung, bieten die sächsische CDU und die CSU in einem Papier ausgerechnet zum Tag der Einheit neue Nahrung. Indem sie empfehlen, der deutschen Leitkultur zum Durchbruch zu verhelfen. Von einem nötigen »Kraftquell« gegen verletztes Gerechtigkeitsempfinden ist die Rede. Nicht gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West sind demnach die Lösung, sondern »Heimat und Patriotismus«. Das finden die Nazis in Sachsen und anderswo auch.
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