Kärnten-Pleite ist abgewendet

Hypo-Alpe-Adria-Abwicklung kostet Österreich vermutlich 12,5 Milliarden Euro

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Es kam ganz anders. Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) hatte vor neun Jahren den Eintritt Kärntens ins vermeintliche Paradies verkündet. »Kärnten ist reich«, ließ er damals verlauten. Möglich wurde dies, weil der Rechtspopulist nicht nur eine Menge seiner Landsleute zu blenden vermochte, sondern auch ein paar wichtige Entscheidungsträger in Bayern, denen die Kärntner Bank Hypo ins Auge stach.

Das mit windigen Geschäften in Südosteuropa und aberwitzigen Landeshaftungen von einer Provinzbank zum Großakteur aufgeblähte Institut machte Haider der Bayerischen Landesbank (BayernLB) schmackhaft. 1,625 Milliarden Euro zahlten die ebenfalls im großen Finanzkasino mitspielen wollenden Bayern für 50 Prozent plus eine Aktie. Der Kärntner Jubel über diesen Reichtum währte ebenso kurz wie die bayerische Freude über den Einkauf. Im Jahr 2008 platzten mit der großen Finanzblase auch die Träume der Eigner der Hypo Alpe Adria. Erst seit Montag steht fest: Österreich bleibt die erste Pleite eines ganzen Bundeslandes erspart.

Kärnten ist seine Haftungen für die Hypo los. Die Vorranggläubiger haben mit einer Zustimmungsquote von 98,7 Prozent ein Rückkaufangebot für Hypo-Anleihen im Nominalwert von insgesamt zehn Milliarden Euro angenommen. Sie erhalten 75 Prozent des Nominalwertes. Nachranggläubiger, deren Anleihen rund eine Milliarde Euro Wert sind, bekommen 30 Prozent des Geldes zurück. Alternativ gibt es Umtauschvarianten. So können Vorranggläubiger nach etwa 18,5 Jahren über eine vom Bund gesicherte Nullkuponanleihe auf 90 Prozent ihrer Forderungen kommen. Eine ähnliche Variante für Nachranggläubiger bringt diesen immerhin 45 Prozent ihres ursprünglich an die Pleitebank verliehenen Geldes zurück.

Mit den Bayern hat sich Österreich schon vor einem Jahr in einem Generalvergleich auf eine Quote von 45 Prozent geeinigt: Wien überweist 1,23 Milliarden Euro nach München und beendet damit den Streit um 2,75 Milliarden Euro, welche die BayernLB noch in der Hypo hatte.

Von einem Schlussstrich kann freilich auch jetzt nur aus Sicht der Gläubiger gesprochen werden. Zwar konnte mit der Annahme des Angebotes vermieden werden, dass das Bundesland Kärnten beziehungsweise die Republik Österreich schlagartig mit der Forderung nach einem Einlösen der Landeshaftungen konfrontiert wird, doch der Handel basiert einmal mehr auf Krediten. Zum jetzt gefundenen Kompromiss mit den Gläubigern muss das Land 1,2 Milliarden Euro beisteuern. Da es die Summe nicht aufbringen kann und es auf dem freien Kapitalmarkt schon lange keine Refinanzierungsmöglichkeit mehr für Kärnten gibt, streckt die Republik das Geld vor. 30 Jahre lang müssen die Kärntner diesen Kredit nun abstottern.

Insgesamt hat das Abenteuer in der Welt des Finanzkapitals die österreichischen Steuerzahler bis jetzt schon 5,5 Milliarden Euro gekostet. Wie viele Milliarden noch fällig werden, hängt vom Erfolg der Hypo-Abbaugesellschaft Heta bei der Verwertung noch vorhandenen Vermögens der Skandalbank ab. Die staatliche Statistik Austria schätzte, dass der Schaden letztendlich 12,5 Milliarden Euro ausmachen wird.

Nichtsdestotrotz spuckt die FPÖ schon wieder große Töne. Die überwältigende Mehrheit für die Annahme des Rückkaufangebotes wertete Kärntens FPÖ-Landeschef Gernot Darmann als Beweis dafür, »dass das Land bei der Erstellung des Angebotes über den Tisch gezogen wurde«. Kein Wort verliert die FPÖ über die Verantwortung ihres einstigen Superstars. Vielmehr gefällt sie sich in der Rolle des Kritikers, welcher der rot-schwarzen Bundesregierung Fehler bei der Bewältigung des Desasters vorhält - und das erfolgreich. Wären am Sonntag Wahlen, würde die FPÖ allen Umfragen zufolge mit Abstand stärkste Kraft.

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