Lehre aus Panama heißt Transparenz

US-Ökonom und Nobelpreisträger Stiglitz fordert Ende aller geheimen Geldgeschäfte

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war eine Idee der Linken gewesen, den US-Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz ins Europaparlament zu laden. Dort sollte er im Untersuchungsausschuss zu den Panama Papers sprechen, und das aus gutem Grund. Stiglitz hatte nach Bekanntwerden des Skandals um rund 300 000 Briefkastenfirmen und Trusts, die von der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama verwaltet wurden und durch die Milliarden Euro an Steuerbehörden weltweit vorbeigeschleust worden waren, an der Aufarbeitung des Skandals mitgewirkt. Auf Bitten der Regierung in Panama hatte der Gewinner des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften von 2002 seine Arbeit zunächst aufgenommen, sie dann im August aber eingestellt. Denn es war nicht klar, ob der Bericht, den das Untersuchungskomitee erarbeiten wollte, am Ende auch veröffentlicht würde. Doch das war für Stiglitz eine Voraussetzung, um seine Arbeit weiterzumachen.

Die bis dahin gesammelten Erkenntnisse, angereichert mit weiteren Recherchen und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen, hat der 73-Jährige jetzt in einem Berichtpubliziert. »Beseitigung der Schattenwirtschaft« lautet der Titel und war auch Programm für das, was Stiglitz den Europaabgeordneten zu sagen hatte. Nichts weniger als die völlige Abschaffung geheimer Geldgeschäfte forderte der Professor.

»Diese geheimen Machenschaften mit Geld sind die dunkle Seite der Globalisierung«, sagte Stiglitz. Sie führten nicht nur dazu, dass Staaten auf enorme Summen an Steuergeldern verzichten müssten, deshalb nicht mehr genug Geld hätten und letztlich die Bürger darunter zu leiden hätten. Sondern geheime Geldgeschäfte würden auch Korruption und Kriminalität fördern. »Ich habe bei meiner Einsicht in die Unterlagen gesehen, welche Wege Geld genommen hat, um Spuren schmutziger Geschäfte zu verwischen«, so Stiglitz.

Die Forderung nach völliger Transparenz und öffentlicher Nachvollziehbarkeit - »zumindest bei Nachfrage oder durch Journalisten« - bezog der Starökonom auch auf Stiftungen, Trusts, Bankenwesen und Anwaltskanzleien. Dieser Kampf könne auch gegen den Willen der Betroffenen geführt werden kann. »Beim Terrorismus waren wir fähig, die Geldflüsse nachzuvollziehen - also kann man das auch bei anderen Geschäften«, betonte Stiglitz.

Er sprach den Abgeordneten Mut zu, diese Bemühung auch ohne Unterstützung anderer Staaten wie zum Beispiel der USA anzugehen. Dort werde bald ein Präsident an die Macht kommen, den Stiglitz als »Chef der Geldverstecker« bezeichnete. Von ihm sei keine Hilfe zu erwarten. Doch die EU könne auch allein einen bedeutenden Teil im Kampf für mehr Transparenz leisten.

»Der internationale Steuersumpf verschärft die Ungleichheit und zerstört die Demokratie. Unsere seit Langem vorgetragenen Forderungen wurden größtenteils von Professor Stiglitz als unabdingbare Schritte hin zu einem fairen und nachhaltigen System unterstrichen«, kommentierte der Europaabgeordnete Fabio De Masi das Gesagte. Nach diesen Klarstellungen gebe keine Ausreden mehr für Europa, nicht zu liefern.

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