Zeit der Eistonnen

Wasserstraßen auf der Ostsee werden winterfest gemacht - auch mit Hilfe von Satelliten

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Stralsund. In der nördlichen Ostsee zwischen Schweden und Finnland hat sich bereits Anfang November das erste Eis gebildet. »Das ist im Vergleich zu den Vorjahren schon sehr früh«, sagt der Leiter des deutschen Eisdienstes des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Jürgen Holfort. Daraus eine Prognose für die südliche Ostsee abzuleiten, sei aber nicht möglich.

Das BSH in Rostock und das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) in Stralsund rüsten sich derzeit für den Winter. Vor wenigen Tagen haben die Tonnenleger »Ranzow« und »Görmitz« damit begonnen, die Wasserstraßen vor Mecklenburg-Vorpommern winterfest zu machen. »Von 351 Tonnen werden derzeit die Toppzeichen abgenommen«, sagt WSA-Sprecher Dirk Berger. In Warnemünde bekommen 36 Leuchttonnen einen speziellen Eiskopf - eine robustere Leuchteinrichtung, die auch frostigen Temperaturen trotzt. Auch würden Leuchttonnen gegen unbeleuchtete gewechselt. »Wir fahren im Winter ein Zweistufen-Programm«, sagt Berger. Die derzeit laufenden prophylaktischen Arbeiten sollen spätestens Mitte Dezember abgeschlossen sein.

Droht im Winter dann ein massiver Frosteinbruch zündet Stufe zwei mit Sonderschichten für die Besatzungen der WSA-Flotte. Weitere Tonnen würden eingezogen und von 132 Leuchttonnen der teure Solarkopf abgenommen, um Beschädigungen zu verhindern. Zudem würden 40 Tonnen an speziellen Verkehrspunkten gegen robustere Eistonnen gewechselt. Dennoch könnten Beschädigungen nicht ausgeschlossen werden, sagt Berger. Im strammen Winter 2010 waren mehrere Tonnen durch den Eisdruck vertrieben worden. Polnische Tonnen wurden in deutschen Gewässern geortet. »Solche Tonnen sind eine unberechenbare Gefahr für die Schifffahrt«, sagt Berger. Die Flotte des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes in Stralsund ist zuständig für rund 805 Kilometer Bundeswasserstraßen von der polnischen Grenze bis zur Mecklenburger Bucht. Der BSH-Eisdienst hat Kontakt zu den rund 100 Eisbeobachtern für die Ost- und Nordsee aufgenommen und sie auf den Einsatz vorbereitet. Mit der ersten Eisbildung werden sie täglich die Daten der heimischen Küstengewässer an das Amt melden. Rund zwei Drittel der Eisbeobachter sind an der Ostseeküste tätig, sagt Holfort. Die Wahrscheinlichkeit von zugefrorenen Küstengewässern sei wegen der östlicheren Lage und des geringeren Salzgehaltes in der Ostsee wesentlich höher als in der Nordsee.

Um den Bedeckungsgrad der Ostsee mit Eis zu bestimmen, nutzt das Amt Daten der europäischen Satelliten Sentinel 1 und 2. Die Sentinel-Satelliten werden in einem etwa 700 Kilometer hohen Polar-Orbit fliegen und die Erde dabei in Streifen von 80 bis 400 km abtasten. Das Radarsatellitenpaar Sentinel 1 könne sogar Daten durch Wolkendecken aufnehmen, während Sentinel 2 ein passiver optischer Erdbeobachtungssatellit sei, sagt Holfort. Ginge es nach ihm, dann sollte der ideale Winter an der Ostsee »kurz und knackig« sein. Meist sei er das aber nicht, sagt der Ozeanograph. Typisch seien in kalten Wintern zwei bis drei Eiszeiten an der deutschen Küste. dpa/nd

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