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SPD diskutiert Trennung von Amt und Mandat

Parteitag könnte sich mit Ämtertrennung beschäftigen

  • Lesedauer: 4 Min.

Der Ablauf des geplanten SPD-Landesparteitages am kommenden Montag im Hotel Intercontinental droht plötzlich durch die große Politik durcheinanderzugeraten. Aufgrund des kurzfristig anberaumten Berlin-Besuches des US-amerikanischen Außenministers John Kerry könnte es bei der An- und Abreise zur Parteiversammlung zu Problemen kommen, hieß es am Donnerstag. Zeitweise soll sogar der Zutritt zum Hotel wegen der Sicherheitsbestimmungen gesperrt werden. Delegierten der Sozialdemokraten und Journalisten wird deshalb empfohlen, gültige Ausweisdokumente mitzuführen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen.

Inwiefern der Staatsbesuch den Parteitag am Montag tatsächlich beeinflusst, wird sich zeigen. Große Differenzen wurden im Vorfeld für die Parteiversammlung ansonsten jedenfalls nicht erwartet. Das war im Frühjahr dieses Jahres anders, als Michael Müller (SPD) den Parteivorsitz an sich riss.

Im Zentrum des Parteitages steht vor allem die Debatte zum vorliegenden rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. Den wollen die Delegierten am Ende per Akklamation, also per Handzeichen abstimmen. Außerdem sollen die vier Senatorinnen und Senatoren der SPD auf der Parteiversammlung offiziell vorgestellt werden. Wobei die Neuen wohl die Alten sein werden, nur in teils anderer Ressortverantwortlichkeit. Für Finanzen soll weiter Matthias Kollatz-Ahnen zuständig sein, das Bildungsressort ohne den Wissenschaftsbereich (den der Regierende Bürgermeister Michael Müller mit übernehmen will) soll bei Sandra Scheeres verbleiben. Die ehemalige Arbeitssenatorin Dilek Kolat soll nach der Regierungsbildung am 8. Dezember für den Bereich Gesundheit verantwortlich zeichnen. Einen Wechsel wird auch der enge Müller-Vertraute Andreas Geisel vollziehen, der künftig als Innensenator tätig sein soll.

Von der Antragskommission zur Vertagung empfohlen wurde unterdessen ein Antrag der Kreisdelegiertenversammlung Reinickendorf. Die fordert, dass wie bei der Linkspartei auch bei der SPD eine Trennung von Amt und Mandat eingeführt wird. »Die sozialdemokratischen Mitglieder des nächsten Senats werden aufgefordert, ein etwaiges Abgeordnetenhausmandat unverzüglich nach Antritt ihres Amtes als Senator(in) niederzulegen«, heißt es in dem Antrag. Zur Begründung wird unter anderem aufgeführt, dass das gleichzeitige Innehaben eines Senatorenamtes und eines Abgeordnetenhausmandats eine Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung sei. Angesichts der wegen des schlechten Wahlergebnisses stark geschrumpften Abgeordnetenhausfraktion würde die Personalunion von Senatoren und Abgeordnetenmandat auch bedeuten, dass die Arbeit der Fraktion geschwächt wird, weil die verbliebenen Abgeordneten die Arbeit für die Regierungsmitglieder in den Ausschüssen mitstemmen müssten. Im Fall der Ämtertrennung würde es dagegen eine entsprechende Zahl von Nachrückern geben. Ob der Antrag tatsächlich - wie empfohlen - auf den nächsten Parteitag im Frühjahr 2017 vertagt wird, steht indes noch nicht fest. Möglicherweise wird darüber am Montag noch einmal abgestimmt. In der Partei kursieren unterdessen Gerüchte, dass sich die Parteispitze im Fall einer Annahme der Ämtertrennung nicht an den Beschluss halten könnte. Frei nach dem Motto: Was scheren uns Parteitagsbeschlüsse.

Dass die Berliner SPD in die kommende Regierung wohl nahezu mit dem gleichen Personaltableau auf den Senatorenposten und bei den Staatssekretären antritt, verteidigt Michael Müller immer wieder mit dem Hinweis darauf, dass er selber aber auch Kollatz-Ahnen und Geisel ja erst seit 2014 nach dem Rücktritt Wowereits in ihre Positionen gekommen seien. Doch auch wenn nach außen niemand an der Personalkontinuität Kritik übt, intern brodelt es bei den Sozialdemokraten. So ist aus Parteikreisen zu hören, dass Müller offenbar ein Problem mit selbstbewussten Frauen haben soll. Als Beleg werden beispielsweise die angeblichen Absagen von der Bundestagsabgeordneten Eva Högl oder der Vizepolizei-Chefin Margarete Koppers für den Posten der Innensenatorin aufgeführt. Ähnliche Gerüchte wurden auch im Fall der ausgeschiedenen Senatssprecherin Daniela Augenstein kolportiert. Müller hatte dagegen stets Verwerfungen mit seiner langjährigen Sprecherin bestritten. In der SPD gibt es wiederum auch andere, die eine Frauenproblematik abstreiten. Bei der Wahl zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses haben sich nämlich auch viele Frauen auf die Seite von Ralf Wieland und gegen die Herausforderin Iris Spranger gewandt.

Dass die Gerüchte unterdessen wohlmöglich Auswirkungen haben, zeigt ein bevorstehender Wechsel auf dem Posten des Landesgeschäftsführers. So soll der Vertrag von Dennis Buchner angeblich auf Müllers Wirken nicht verlängert werden. Stattdessen soll eine Frau übernehmen. Buchner will das nicht bestätigen: »Ich äußere mich zu nichts«, sagt er.

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