»Flipping« bis die Blase platzt

Rasant steigende Häuserpreise in den USA könnten Vorboten eines neuen Finanzkrachs sein

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Immobiliengeschäfte sind wieder »in«: Findige Geschäftsleute kaufen Häuser, renovieren sie notdürftig und verkaufen sie dann überteuert weiter. Die Gewinnspanne soll ein Drittel und mehr betragen. »House Flipping« heißt diese Methode in den Vereinigten Staaten. Auch Privatleute und Großbanken »flippen« mit; Fernsehprogramme und Finanzmarktseminare für private Anleger werben für solche lukrativen Immobiliendeals. Oft genügt es bereits, ein Haus zu kaufen und einige Monate geduldig zu warten, bis die Preise kräftig gestiegen sind. Um die Immobilie dann wieder zu veräußern.

Besonders gut scheinen die Geschäfte in Florida und Nevada zu laufen. Die beiden Staaten waren als »Hotspots« bereits von der 2007 ausgebrochenen Hauspreiskrise besonders stark getroffen worden. »Flipping«-Spekulationen, großzügige und von der Regierung in Washington geförderte Finanzierungen einkommensschwacher Häuslebauer durch private Banken sowie viel zu geringes Eigenkapital von Hauskäufern hatten im Frühjahr vor zehn Jahren ein Debakel ausgelöst, als die Immobilienpreise nach langer Zeit ihren ausdauernden Höhenflug beendeten und rasant zu sinken begannen. Der US-Immobilienkrach wuchs sich zu einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise aus, die bis heute viele Euroländer und ihre Staatshaushalte in Atem hält.

Inzwischen mehren sich in den USA die Vorboten eines solchen Dramas wieder. Eine Reihe von Großbanken wie Wells Fargo, Goldman Sachs und J.P. Morgan Chase sollen beispielsweise wieder Kredite für Finanzierer bereitstellen, die sich auf »House Flipping« spezialisiert haben. Der Markt für solche dubiosen Darlehen dürfte nach Angaben des Immobilieninfodienstes Attom Data Solutions 2016 rund 50 Milliarden Dollar betragen haben. Das ist das höchste Niveau seit 2006, dem Jahr vor dem Ausbruch der großen Krise.

Aufs Ganze gesehen deckt das »Flipping« nur einen kleinen Teil der Immobiliengeschäfte ab - etwa fünf Prozent. Doch solche und andere anrüchige, aber potenziell besonders lukrative Geschäfte gelten als aussagekräftige Marktbarometer. Nach dem Motto: Je mehr geflippt wird, desto aufgeheizter ist der Markt.

Dass die ruhigeren Zeiten vorbei sind, zeigen vor allem die Preise auf dem US-Häusermarkt. Der Ende Dezember veröffentlichte »S&P CoreLogic Case-Shiller U.S. National Home Price NSA Index« stieg auf 185,06 Punkte - und liegt damit sogar noch über dem Stand von vor der Krise. Ihren Tiefpunkt hatten die Hauspreise vor vier Jahren erreicht. Seither legen sie rasant zu. Berücksichtigt man die allgemeine Inflation, bleiben sie allerdings noch knapp unterhalb früherer Rekordmarken.

Der Häusermarkt spielt für die US-Konjunktur eine zentrale Rolle. Schon deshalb, weil das oft aus Holz erbaute Häuslein der einzige Vermögenswert einer durchschnittlichen Familie ist. Steigen die Hauspreise, fühlen sich die Konsumenten wohlhabender und geben mehr aus. Was wiederum die Konjunktur beflügelt. Davon geht jedenfalls die Notenbank Fed in ihren volkswirtschaftlichen Analysen aus. Die Konjunktur der US-Wirtschaft hängt weit stärker als die deutsche oder chinesische von der Binnennachfrage und dem privaten Konsum ab.

Der Anteil der US-amerikanischen Haushalte, die ein Eigenheim besitzen, ist seit der Krise gesunken. Aber immer noch beträgt sie hohe 63 Prozent. Damit liegt die Wohneigentumsquote deutlich über der deutschen von 52 Prozent.

Die Bundesrepublik gilt unter Immobilieninvestoren daher als ein »Mietmarkt«. Dennoch droht hierzulande Banken genauso das Platzen einer Immobilienblase. Zwar sind auch die Mieten in vielen Regionen zwischen Rügen und Regensburg in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, aber noch rasanter die Kaufpreise für Häuser. Inzwischen beträgt der Kaufpreis eines Miethauses oder einer Eigentumswohnung das 30- bis 40-Fache der Jahresmiete. Wer hier auf Pump finanziert hat, könnte bei steigenden Zinssätzen arg in die Bredouille geraten.

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